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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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0 Klaus Hödl lung geschaffen und haben nur zu diesem Zeitpunkt Geltung. Es ist nicht möglich, sie festzuhalten. Sie wandeln sich stetig, was sich aus dem Wechsel der Handlungs- koordinaten wie Zeit, Ort, Ausführende der Handlung etc. ergibt. Performanz als methodischer Ansatz basiert auf einem dynamischen Kulturbe- griff, der sich in den letzten Jahren in den Geistes- und Kulturwissenschaften durch- gesetzt hat. Kultur wird als ein Ensemble zirkulierender Elemente verstanden, die in Abhängigkeit von sich permanent ändernden Beziehungen zu anderen „cultural units“ bestimmt werden. Aus der Umschreibung von Kultur als Prozess folgt, dass es keine Referenz auf kulturelle Bereiche, beispielsweise auf Judentum oder jüdische Kultur, geben kann, wenn nicht gleichzeitig angegeben wird, zu welchem Zeitpunkt was darunter verstanden wird – was in der Praxis jedoch nicht durchführbar ist. Die Annahme, dass kulturelle Bedeutungen ständig flottieren, macht auch den Aufbau einer stabilen Persönlichkeitsstruktur, im konkreten Fall einer jüdischen Identität, unmöglich. Aus diesem Grund werden bestimmte Normen als weitgehend statisch imaginiert. Die Fixierung ausgewählter Standards wiederum ermöglicht Juden eine Selbstdefinition. Und auf der Grundlage einer interkulturellen Anerkennung der von Juden selbst für zentral gehaltenen kulturellen Bedeutungen lässt sich in der Folge auch ein Bezug auf Judentum als kulturelles System herstellen, dessen Konstruktions- charakter dabei nicht negiert werden muss.9 Eine Untersuchung von performativen Handlungen in kulturellen Zwischenräu- men unterscheidet sich wesentlich von Zugängen, die in den letzten zwei Jahrzehnten in der Historiografie dominant waren. Darunter war das Konzept der Akkulturation von bestimmendem Einfluss. Allgemein bezeichnet es die Anpassung einer zumeist kleineren gesellschaftlichen Gruppe an bestimmte Standards einer größeren sozialen Steve Pile, Nigel Thrift, “Mapping the Subject”, in : Steve Pile, Nigel Thrift (Hg.), Mapping the Subject. Geographies of Cultural Transformation, 2. Aufl., London 1996, S. 13–51, S. 19. Frederico Celestini, „Um-Deutungen. Transfer als Kontextwechsel mehrfach kodierbarer kultureller Ele- mente“, in : Federico Celestini, Helga Mitterbauer (Hg.), Ver-rückte Kulturen. Zur Dynamik kultureller Transfers, Tübingen 2003, S. 37–51, S. 44. Steven Greenblatt hat diesen Prozess anschaulich beschrieben, indem er betont, dass eine Kultur „eine an sich instabile, vermittelnde Art und Weise der Gestaltung von Erfahrung (ist). Nur durch gesellschaftli- che Durchsetzung einer imaginären Ordnung der Ausschließung – durch das Funktionieren dessen, was ich im folgenden ‚Blockierung‘ bezeichnen werde – kann Kultur als eine stabile Entität fingiert werden, […] Eine solche Blockierung findet andauernd statt […], ist jedoch niemals absolut.“ (Ders., Wunder- bare Besitztümer. Die Erfindung des Fremden : Reisende und Entdecker, Berlin 1988, S. 185.) Konstruiert heißt, dass es keinen wesenhaften Kern gibt. Kulturelle Systeme stellen trotz ihres Konstruk- tionscharakters „soziale Tatsachen“ dar. (Paul Rabinow, „Repräsentationen sind soziale Tatsachen. Mo- derne und Postmoderne in der Anthropologie“, in : Eberhard Berg, Martin Fuchs [Hg.], Kultur, soziale Praxis, Text. Die Krise der ethnographischen Repräsentation,), Frankfurt am Main 1993, S. 158–199.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Subtitle
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
Author
Frank Stern
Editor
Barabara Eichinger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2009
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78317-6
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
558
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort XI
  2. Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
  3. Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
  4. Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
  5. Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
  6. „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
  7. Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
  8. Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
  9. Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
  10. Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
  11. Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
  12. Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
  13. Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
  14. „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
  15. Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
  16. Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
  17. „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
  18. „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
  19. Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
  20. From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
  21. Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
  22. Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
  23. David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
  24. Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
  25. Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
  26. Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
  27. Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
  28. „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
  29. Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
  30. Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
  31. Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
  32. Personenregister 491
  33. Sachregister 503
  34. Biografien 519
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