Page - 464 - in Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938 - Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
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Werner Hanak
aber auch andere amerikanische Städte wie Chicago. Frau Breier aus Gaya ist eine
sogenannte „Burleske in 4 Bühnen- und 3 Filmbildern“ aus dem Jahr 1923 von Ar-
min Friedmann und Alfred Deutsch-German , die 1926 in Österreich auch verfilmt
wurde. the JaZZ singer hingegen ist ein Film der Warner Brothers aus dem Jahr
1927, der nach einem Theaterstück von Samson Raphaelson entstanden ist. Frau
Breier aus Gaya und the JaZZ singer sind heute nicht mehr nur aus theater- und
gesellschaftshistorischer Sicht interessant. Sie waren Glanzleistungen der Populärkul-
tur und hatten beide beträchtliche dramaturgische wie technische Innovationen zu
bieten.
Manhattan
Am 14. September 1925 hatte am Broadway ein Sprechtheaterstück mit dem Titel
The Day of Atonement Premiere. Es erhielt keine besonders guten Kritiken. Die New
York Times nannte das Stück einen „cleveren und gut konstruierten Exkurs ins Thea-
termilieu, mit einem nur allzu offensichtlich ansprechenden Thema und so geschrie-
ben, dass garantiert auch das trübste Licht ihm noch folgen kann“.
Aus The Day of Atonement sollte zwei Jahre später der Film the JaZZ singer wer-
den. Das Bühnenstück hatte folgenden Inhalt : Ein Sohn eines Kantors in New York
soll seinem Vater nachfolgen. Doch es zieht ihn zur weltlichen Unterhaltungsmusik,
er singt in Bars, und das selbst während der hohen Feiertage. Da er die Strenge des Va-
ters nicht mehr erträgt, verlässt er das Haus, die Mutter leidet, der Vater verstößt ihn
gänzlich und spricht ihm das Sohnesrecht ab. Nach Jahren des musikalischen Umher-
ziehens kommt er wieder nach New York zurück, besucht seine Eltern, worüber sich
aber nur die Mutter freut. Der Vater bleibt hart und flüchtet sich in eine unheilbare
Krankheit. Der Sohn bekommt ein Angebot am Broadway, es ist das Angebot seines
Lebens. Als der Jom Kippur, der Versöhnungstag, naht, wird offensichtlich, dass der
Frau Breier aus Gaya. Revue mit drei Filmzwischenspielen und einem gerichtlichen Nachspiel von Alfred
Deutsch-German und Armin Friedmann, Bühnenmanuskript, Niederösterreichisches Landesarchiv,
Zensursammlung, Rolandbühne 1923 11/4, S. 5.
Der in Wien geborene Alfred Deutsch-German (1870–1943) war Journalist, Schriftsteller, Drehbuch-
autor und Filmregisseur. 1915 schrieb er mit Das kriegsPatenkinD einen der ersten österreichischen
Propagandafilme. Sein Regiedebüt feierte er 1922 mit Die Welt in geFahr. Nach dem Anschluss
Österreichs flüchtete er nach Nizza, wurde in Drancy interniert und am 28. Oktober 1943 nach Ausch-
witz deportiert, wo er kurz darauf ermordet wurde. Vgl. Kay Weniger (Hg.), Das große Personenlexikon
des Films, Berlin 2001.
New York Times, 15. September 1925. Zit. nach Robert L. Carringer, “History of a Popular Culture
Classic”, in : ders. (Hg), The Jazz Singer, Madison, Wisconsin 1979, S. 12.
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Title
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Subtitle
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Author
- Frank Stern
- Editor
- Barabara Eichinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2009
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 558
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519