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Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung
Alexander von Zemlinsky, der ihn fortan unterrichtete, und bereits am 4. Oktober
1910 fand in der k. u. k. Hofoper die Gala-Premiere der Ballettpantomime des Wun-
derkindes Korngold statt. Der Schneemann wurde in Anwesenheit des belgischen Kö-
nigs zum ersten Mal aufgeführt, und am Pult stand der spätere Direktor der Wiener
Oper Franz Schalk. Mit dreiundzwanzig Jahren landete Erich Wolfgang Korngold
seinen ersten Welterfolg mit der Toten Stadt, die in den Zwanzigerjahren weltweit
gespielt wurde und in den letzten Jahren wieder in das Repertoire vieler Opernhäuser
wie der Metropolitan Opera in New York, der Salzburger Festspiele oder der Wiener
Staatsoper aufgenommen wurde. In die Entstehungszeit der Toten Stadt fällt auch
seine Ehe mit Luzi, mit der er zwei Söhne hatte und die ihm ein bürgerliches Leben
organisierte, das ihm auch Zeit für Freunde aus Politik und Kultur ließ. Einer dieser
Bezugspersonen wurde zur Schicksalsfigur.
Ab 1927 arbeitete nämlich Erich Wolfgang Korngold mit dem genialen Theater-
mann Max Reinhardt zusammen. Er überarbeitete für ihn die Fledermaus von Johann
Strauß und setzte das mit Offenbachs La Vie Parisienne fort. Weitere Projekte, u. a.
Offenbachs Schöne Helene, folgten. Im Herbst 1934 war Erich Wolfgang Korngold
mit seiner Kathrin beschäftigt. In der Korngold-Biografie von Luzi Korngold heißt
es dazu : „Deutschland war nunmehr ausgeschaltet. Kein Dirigentengastspiel konnte
Erichs intensive Arbeit unterbrechen. Reinhardt war in Amerika. Und eines Abends
konstatierte ich ohne Befriedigung : ‚Es ist gar nicht schlecht, dass dieser unruhige
Geist eine Zeitlang aus unserem Lande gewichen ist.‘ In derselben Sekunde läutete
die Türglocke : es war ein Fünfzig-Worte-Telegramm von Reinhardt, mit dem er Erich
aufforderte, sofort nach Hollywood zu kommen, um mit ihm einen ,Sommernachts-
traum‘-Film zu machen. Reinhardt verstand es, selbst telegraphisch seine Worte so zu
setzen, dass es beinahe unmöglich war, abzulehnen. Erich entschloss sich, anzuneh-
men, umso mehr, als Reinhardt in seiner Nachricht nur von sechs bis acht Wochen
Arbeit sprach. Von Helene Thimig erfuhr ich später, wie es zu Erichs Engagement für
den ,Sommernachtstraum‘-Film gekommen war : Reinhardt hatte eine Aufführung
des Werkes in der Hollywood Bowl inszeniert, und Warner Brothers traten an ihn
mit dem Vorschlag einer Verfilmung heran. Helene erzählte später, wie er eines Tages,
nachdem er seinen Kontrakt mit Warners bereits unterzeichnet hatte, nachdenklich
und etwas sehnsüchtig bemerkte : ,Jetzt müsste man auch noch einen Menschen hier
haben wie Werfel oder Korngold. Korngold ? Kein schlechter Einfall ! Der konnte
Mendelssohns Musik für den ,Sommernachtstraum‘ arrangieren ! Weil also Reinhardt
,einen Menschen‘ brauchte, geschah es, dass wir uns im Oktober 1934 auf dem Weg
nach Amerika befanden. Wir hatten an Bord der ,Majestic‘ eine stürmische Über-
fahrt. Nun sollten wir Amerika kennenlernen ! Schon an Bord hatte sich ein Heer von
Reportern eingefunden, und bevor wir noch Fuß an Land gesetzt hatten, wurde Erich
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Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Title
- Wien und die jüdische Erfahrung 1900-1938
- Subtitle
- Akkulturation - Antisemitismus - Zionismus
- Author
- Frank Stern
- Editor
- Barabara Eichinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2009
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78317-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 558
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort XI
- Einleitung. Wien und die jüdische Erfahrung 1900–1938 XII
- Was nicht im Baedeker steht Juden und andere Österreicher im Wien der Zwischenkriegszeit 1
- Jüdische Lebenserinnerungen. Rekonstruktionen von jüdischer Kindheit und Jugend im Wien der Zwischenkriegszeit 17
- Antisemitismus 1900–1938. Phasen, Wahrnehmung und Akkulturationseffekte 39
- „Hinaus mit den Juden !“ Von Graffiti und der Zeitung bis zur Leinwand 59
- Generationenkonflikte. Die zionistische Auswanderung aus Österreich nach Palästina in der Zwischenkriegszeit 71
- Die Stimme und Wahrheit der Jüdischen Welt Jüdisches Pressewesen in Wien 1918–1938 99
- Die israelitischen Humanitätsvereine B’nai B’rith für Österreich in der Zwischenkriegszeit und ihr Verhältnis zur „jüdischen“ Freimaurerei 115
- Tempel, Bethäuser und Rabbiner 131
- Die Geschichte der Ausbildung von Rabbinern in Wien seit dem 19. Jahrhundert 143
- Martin Bubers Weg zum Chassidismus 155
- Die jiddische Kultur im Wien der Zwischenkriegszeit und ihre Positionierungen in Bezug auf Akkulturation, Diasporanationalismus und Zionismus 175
- „Wenn Dich drückt der Judenschuh“. Blicke in die moderate Wiener Moderne 197
- Karl Kraus and Gustav Mahler Imagine the „Jews“ 217
- Antisemitisch-misogyne Repräsentationen und die Krise der Geschlechtsidentität im Fin de Siècle 229
- „Being different where being different was definitely not good“ Identitätskonstruktionen jüdischer Frauen in Wien 257
- „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenbewegungsorganisationen 277
- Gender and Identity. Jewish University Women in Vienna 297
- From White Terror to Red Vienna : Hungarian Jewish Students in Interwar Austria 307
- Feuilletons und Film. Béla Balázs – ein Dichter auf Abwegen 325
- Die Zukunft und das Ende einer Illusion – Sigmund Freud und der Erfolg der Psychoanalyse in den Zwanziger- und Dreißigerjahren 343
- David Vogel : Love Story in Vienna or the Metropolis 355
- Arthur Schnitzler. Facetten einer jüdisch-österreichisch-deutschen Identität 369
- Mit einem ›e‹. Zwischen Diaspora und Assimilation Ein Streit unter Freunden : Joseph Roth und Soma Morgenstern 385
- Jüdisches Leben im Wiener Fin de Siècle. Performanz als methodischer Ansatz zur Erforschung jüdischer Geschichte 399
- Felix Salten. Zionismus als literarisches Projekt 419
- „Schund“, „Jargon“ und schöner Schein Jüdische Erfahrung/en im jüdischen Theater 427
- Imago und Vergessen. Wienbilder und ihre unsichtbaren Urheber 439
- Frau Breier aus Gaya meets The Jazz singer Zwischen Bühne und Leinwand, Wien und New York 463
- Österreichische Filmmusik in Hollywood – eine Annäherung 483
- Personenregister 491
- Sachregister 503
- Biografien 519