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Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung,
1899–191846
gemeinsam mit Heinrich Mache, Gustav Jäger, Victor Hess, Fritz Kohlrausch (und
dieser wiederum mit Erwin Schrödinger) und Karl Przibram an Fragestellungen, die
für die Radioaktivitätsforschung relevant waren.79
Meyer kooperierte nicht nur, er inspirierte auch andere Mitglieder des Exner-Kreises
zu innovativen Forschungsfragen. Seine Untersuchungen zur Verfärbung und Lumi-
neszenz von Festkörpern durch Radioaktivität stießen die Arbeiten Karl Przibrams an,
der zu einem der Gründerväter der Festkörperphysik avancierte.80 Er stand damit
nicht allein : ebenso wurden Hess’ Arbeiten zur kosmischen Höhenstrahlung von
Schweidler in dessen Publikationen aufgegriffen.81 Der Vergleich der Ergebnisse Felix
Ehrenhafts zur Brownschen Molekularbewegung in Gasen mit den theoretischen Ar-
beiten Marian von Smoluchowskis und deren qualitative und quantitative Bestätigung
fällt in die dritte Kategorie von Kooperationen. Hierbei wurde die Theorie durch das
Experiment geprüft.82 Dazu zählt auch die experimentelle Bestätigung der Schweid-
lerschen Schwankungen durch Fritz Kohlrausch.83 All diesen Kooperationen ist eines
gemeinsam. Sie blieben auf die Anfangsjahre der beruflichen Karrieren der Beteiligten
beschränkt.
2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie
In aller Regel verließen die Schüler Exners Wirkungskreis nach der Habilitation, um
selbst eine Lehrkanzel für Physik, Geologie oder Meteorologie zu übernehmen. Die
Aussichten auf eine Professur standen gut, denn es gab im Habsburgerreich fünf deut-
sche Universitäten und vier deutsche Technische Hochschulen.84 Eine Lehrkanzel in
Wien zu übernehmen, galt zumindest in der deutschsprachigen Akademikerschaft als
Gipfel der akademischen Laufbahn und die Universität Wien selbst als »die beste und
natürliche Ergänzungsquelle der österreichischen Universitäten«.85 Obwohl Exner auf
die Berufungsverhandlungen persönlich keinen direkten Einfluss nahm, besetzten
seine Schüler bis 1918 praktisch alle Lehrkanzeln für Physik an den deutschsprachigen
Universitäten und Technischen Hochschulen des Habsburgerreiches. Wer in Wien
79 Vgl. Bittner 1949, 288, 292. Zu Schrödingers Kooperationen Schrödinger 2006, 16.
80 Vgl. Bittner 1949, 306–309.
81 Vgl. Bittner 1949, 292. Die Publikationen Schweidlers stammen aus den Jahren 1915 und 1918/19.
82 Vgl. Soukup 2004, 156.
83 Vgl. Schrödinger 2006, 16.
84 Vgl. Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, ab sofort : ÖStA, AVA, Ministerium
für Kultus und Unterricht 1848–1940, F 305/2C/1 : Kommissionsbericht betreffend Förderung des aka-
demischen Nachwuchses vom 8.5.1936.
85 Höflechner 1993, 2.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Title
- Kerne, Kooperation und Konkurrenz
- Subtitle
- Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
- Author
- Silke Fengler
- Editor
- Carola Sachse
- Mitchell G. Ash
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-79512-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
- Naturwissenschaften Physik
Table of contents
- 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
- 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
- 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
- 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
- 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
- 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
- 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
- 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
- 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
- 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
- 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
- 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
- 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
- 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
- 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
- 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
- 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
- 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
- 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
- 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
- 7. Schluss 322
- 8. Anhang 334
- Abkürzungsverzeichnis 334
- Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
- Literaturverzeichnis 340
- Personenregister 369