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sind dann weiterhin zwischen zehn und dreizehn Zensoren tätig. Auch in die-
sem Zeitraum wurde die Hauptlast der Arbeit von Aushilfszensoren getragen:
In einem Dokument der Polizeihofstelle aus dem letzten Jahr des alten Zensur-
systems sind beispielsweise neun wirkliche Zensoren verzeichnet, dazu aber
17 Aushilfszensoren.22
Eine erste Gruppe von Zensoren bilden die zahlreichen Gelehrten. Zu nen-
nen sind hier in Wien die Juristen Johann Bernhard Fölsch (1798–1820),23 Pro-
fessor für Staatsrecht, auch Leiter der Rezensurierungsaktion 1803–1805, Anton
Gustermann (1807–1823), Professor für Kirchenrecht, Anton von Plappart (1838–
1847), Hofrat der Obersten Justizstelle und Präses der Juridischen Fakultät der
Universität Wien, der Orientalist Josef von Hammer-Purgstall (1811–1825), der
Philosoph und Naturwissenschaftler Cassian Hallaschka (1833–1847), der Pro-
fessor für Ästhetik Johann Ludwig Deinhardstein (1842–1848),24 der Professor
für Slawistik Bartholomäus Kopitar (1812–1844), die Mediziner Andreas Joseph
von Stifft (1804–1836) und Johann Nepomuk von Raimann (1840–1847), beide
kaiserliche Leibärzte, der Privatgelehrte Wenzel Wabruschek-Blumenbach (1841–
1847) und der Fürstlich-Schwarzenbergsche Hauslehrer, Bibliothekar und Alt-
philologe Emerich Hohler (1841–1846). Als theologische Zensoren fungierten
unter anderem Mathias Dannenmayer (1797–1804), Anton Karl Reyberger (1808–
1811), Augustin Braig (1812–1817), Thomas Joseph Powondra (1823–1828) und
Joseph Scheiner (1841–1848), allesamt Professoren für Theologie, sowie Jacob
Ruttenstock (1818–1830), Propst in Klosterneuburg und Abgeordneter der Nie-
derösterreichischen Landstände, Andreas Wenzel (1816–1831), Abt des Wiener
Schottenstiftes, und Franz Zenner (1841–1848), Adjunkt der theologischen Stu-
dien an der Universität Wien und Domherr in St. Stephan.
Die zweite Gruppe von Zensoren bilden Beamten, die meist, sei es im Bereich
Belletristik oder einem wissenschaftlichen Fach, auch selbst schriftstellerisch tätig
sind. Wie bereits oft festgestellt, beherrschten in Österreich Beamtendichter die
Literaturszene, von denen einige, zumindest zeitweise, auch als Zensoren fungier-
22 Allgemeines Verwaltungsarchiv, Akten der Polizeihofstelle, 917/1848. Eine ähnliche Zahl nennt
Wiesner: Denkwürdigkeiten der Oesterreichischen Zensur, S.
394: „Gegenwärtig sind in Wien
vierundzwanzig sogenannte ordentliche oder politische Zensoren angestellt, von welchen 11
wirkliche, die übrigen Aushilfszensoren sind.“ Die Diskrepanz erklärt sich vermutlich auch
hier dadurch, dass nicht immer alle Zensorenstellen besetzt waren.
23 In Klammern wird hier der Zeitraum, in dem die Person laut Hofschematismen als Zensor
tätig war, bezeichnet. Mein Dank gilt Daniel Syrovy für die Durchsicht dieser Schematismen.
24 Julius Marx: Die amtlichen Verbotslisten. Neue Beiträge zur Geschichte der österreichischen
Zensur im Vormärz. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs
11 (1958), S.
412–466,
hier S.
443–444, zitiert Belege dafür, dass Deinhardstein 1846 entlassen wurde, nachdem er in
einem Artikel („Der kaukasische Krieg“) in Bäuerles Theaterzeitung einen Angriff auf den
Zaren übersehen hatte.
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98 3. Die Zensur als Instrument der Repression: Die Ära Napoleons und der Vormärz (1792–1848)
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Title
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Author
- Norbert Bachleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510