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die Buchproduktion zunehmend spekulativ, das heißt einzig auf geschäftlichen
Erfolg fokussiert, betreiben, auch die Titelproduktion steigt in der Folge stark
an.171 An der Spitze liegen mit Brockhaus und Cotta die beiden wohl renommier-
testen deutschen Verlage des 19. Jahrhunderts.172 Mit 563 Einträgen in den Ver-
botslisten distanziert Brockhaus klar Cotta, das Verlags-Comptoir in Grimma,
Hoffmann und Campe und all die anderen neuen Verlage. Wie insbesondere der
Verlag Julius Campes, der als der „linke Cotta“173 galt, beweist, vertrugen sich
radikales politisches Engagement und Geschäftsgeist unter Umständen sehr gut.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Verlag gerade der Zensur und den
zahlreichen Verboten seinen Erfolg verdankte: „Ohne die deutschen Zensurver-
hältnisse, ohne die dauernde Bedrohung von Verbot, Beschlagnahme, Verurtei-
lung hätte Julius Campe nie die Bedeutung erlangt, die Hoffmann und Campe
zum Markenzeichen machte.“174 Es wurden zwar nach wie vor Verlagsorte und
-namen fingiert, im Vergleich zum 18.
Jahrhundert ist diese Praxis aber im Rück-
gang, sodass sie auf unserer Liste der Spitzenreiter keine besondere Rolle spielt.
Die große Zahl von Titeln aus dem Verlag Brockhaus, dem liberalen deut-
schen Verlagshaus schlechthin, ergibt sich zum Teil aus Einzelpublikationen, vor
allem aber aus den zahlreichen von Brockhaus verlegten Periodika, die in ein-
zelnen Nummern verboten wurden. Allein das Literarische Conversationsblatt
(ab 1818), später unter dem Titel Blätter für literarische Unterhaltung erschienen,
wurde 88 Mal verboten; andere häufig auf den Verbotslisten anzutreffende Peri-
odika sind Isis, oder enzyklopädische Zeitung, vorzüglich für Naturgeschichte, ver-
gleichende Anatomie und Physiologie, herausgegeben von dem Wartburg-Profes-
sor und Kämpfer für die Pressfreiheit Lorenz Oken (ab 1819, 54 Mal verboten);
Hermes, oder kritisches Jahrbuch der Literatur (ab 1820, 17 Mal verboten); Zeit-
genossen, ein biographisches Magazin für die Geschichte unserer Zeit (ab 1817, 16
Mal verboten). Andere, nur gelegentlich verbotene Periodika sind das Reperto-
rium der gesammten deutschen Literatur, die Allgemeine Preß-Zeitung, Annalen
der Presse, der Literatur und des Buchhandels, das Echo de la littérature française
und Der neue Pitaval. Wahrscheinlich am berühmtesten war und ist Brockhaus
noch immer für die von ihm produzierte Enzyklopädie, die zuerst unter dem
Titel Conversations-Lexikon erschien. Auch dieses von liberalem Geist getrage-
ne Nachschlagewerk wurde in Österreich in zahlreichen Teilbänden der ver-
schiedenen Auflagen verboten. Noch eines der letzten in Österreich verbotenen
171 Vgl. dazu Wittmann: Geschichte des deutschen Buchhandels, S. 201–203.
172 Brockhaus und Cotta zählten auch – zusammen mit Campe, Reclam, Löwenthal, Otto und
Georg Wigand und einigen anderen – zu den vom Mainzer Informationsbüro speziell über-
wachten Verlagen; vgl. Hoefer: Pressepolitik, S. 137.
173 Ebd., S. 221.
174 Gert Ueding: Hoffmann und Campe. Ein deutscher Verlag. Hamburg: Hoffmann und Campe
1981, S. 292.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
174 3. Die Zensur als Instrument der Repression: Die Ära Napoleons und der Vormärz (1792–1848)
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Title
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Author
- Norbert Bachleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510