Page - 180 - in Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
Image of the Page - 180 -
Text of the Page - 180 -
Romanproduktion, meist Übersetzungen aus dem Französischen und Englischen,
auf den Verbotslisten vertreten. In Grimma wurden zusätzlich noch radikale
Zeitschriften produziert (Unser Planet; Der Hochwächter. Literarisch-kosmopo-
litische Beiblätter der Constitutionellen Staats-Bürgerzeitung). Arnold in Dres-
den
(5.) verlegte die häufig verbotene Abendzeitung. Der Grund für die Verbote
waren vermutlich die in dem Blatt abgedruckten Erzählungen und Romane von
Gustav Schilling, Karl Franz van der Velde, Alexander von Oppeln-Bronikows-
ki, August von Tromlitz, Christian Heinrich Spieß, H.
Clauren und anderen, die
auch in Buchausgaben auf den Verbotslisten auftauchen. Unterhaltungsliteratur
war auch ein Schwerpunkt von Basse in Quedlinburg
(9.), der Beiträge zur Rit-
ter-, Räuber- und Schauerromantik von Autoren wie Christoph Hildebrandt,
Heinrich Müller und Karl Nikolai produzierte. Darüber hinaus verlegte er auch
Periodika (Wetterfahnen, Leuchtkugeln) und medizinische (und andere) Rat-
geberliteratur, protestantische Erbauungsliteratur sowie religions- und kirchen-
kritische Schriften. Einen weiteren, mit Trivialliteratur offensichtlich gut
verträglichen Schwerpunkt Basses bildete die sogenannte Volksmedizin, die
quacksalberische Therapien und im besten Fall unwirksame Hausmittel anpries.
„Die Hauptproducenten dieser Richtung sind die Herren Voigt in Weimar und
Basse in Quedlinburg, denen sich später Herr Fürst in Nordhausen zugesellte,
der die Sache aber so übertrieb, daß die ersten Herren fast ganz das früher sehr
gepflegte Genre verließen, um nicht mit den Productionen des Herrn Fürst in
eine Klasse geworfen zu werden.“196 Über den offenbar dasselbe Feld wie Basse
und Voigt
(14.) beackernden Verlag von Fürst
(19.) wurde ferner berichtet: „Zuerst
war er sehr thätig in der Erzeugung von Räuberromanen, dann trat er peu à peu
in die Volksmedicin über, ohne dabei die übrigen Branchen der Volksliteratur
zu vernachlässigen, wie z. B. ,Käsebereitung‘, ,Destillation‘, ,Mästung des Viehs‘
u.
s.
w.“197 Sauerländer in Aarau
(11.) widmete sich der Volksaufklärung im Sinn
des Liberalismus und der Vermittlung demokratischer Prinzipien. Sein Haus-
autor und vielfacher Herausgeber war der schriftstellerisch unglaublich produk-
tive Heinrich Zschokke. Neben Erbauungsliteratur produzierte der Verlag Bei-
träge zu den Rechts- und Staatswissenschaften und zur Geschichte sowie vor
allem auch Unterhaltungsliteratur. Häufig verbotene Periodika sind die Miscel-
len für die neueste Weltkunde, das Rheinische Taschenbuch, die Erheiterungen und
die Unterhaltungsblätter für Welt- und Menschenkunde.
Betritt man das Feld der politischen Literatur, ist zunächst Hammerich in
Altona (7.) zu nennen. Der Verlag brachte in den (Nach-)Revolutionsjahren
zahlreiche Periodika heraus, und zwar unter anderem die Titel Schleswigsches
Journal, Der Genius der Zeit, Deutsches Magazin, Annalen der leidenden Mensch-
196 Prinz: Der Buchhandel vom Jahre 1815 bis zum Jahre 1843, S. 18.
197 Ebd., S. 19.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
180 3. Die Zensur als Instrument der Repression: Die Ära Napoleons und der Vormärz (1792–1848)
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Title
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Author
- Norbert Bachleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510