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sen wurde, dass der Zensor allein für eine Entscheidung zuständig sei.105 Wie
die Ergänzung
9a des PGC festhält, sind sogar Strafzahlungen aus Sachschäden
bei irrtümlich zugelassenen Werken vom Zensor und nicht vom Ärarium zu
tragen. Die wiederholten Probleme mit dem Personal führten übrigens im Mai
1833 dazu, dass sowohl der Vorstand der Zensurbehörde Zanatta als auch der
Zensor Bellisomi als unzuverlässig von ihren Posten entfernt wurden.106
Vor allem die zahlreichen Abschriften und die ausführliche Protokollierung
der Zensurtätigkeit werden immer wieder als zeitraubend beschrieben. Auch
die ‚allgemeine Korrespondenz‘ hat es im Übrigen in sich. Diese umfasst, sofern
die erhaltenen Dokumente ein repräsentatives Bild davon vermitteln, vor allem
auch Anfragen von Verlegern und Druckern, was Pflichtexemplare betrifft (beson-
ders, wenn von einer Publikation qualitativ unterschiedlich teure Ausgaben her-
gestellt wurden, etwa auf besserem Papier oder mit Farbdruck). Bei der Regelung
für die Manuskripteinreichung im Duplikat gab es zumindest für umfangreiche-
re wissenschaftliche Texte die Möglichkeit, nur ein Exemplar – gegebenenfalls
auch in Form von Druckfahnen – abzugeben, aber das musste ebenso im Vor-
hinein schriftlich geklärt werden. Reklamationen und Beschwerden, Anfragen
zu Schulbüchern sowie die Korrespondenz zwischen den Zensurämtern in Mai-
land und Venedig einerseits, der Zensurbehörde und der Polizei andererseits
(was den Buchhandel, den Schmuggel, falsche Kennzeichnungen und allgemei-
ne Warnungen betrifft) runden das Tagesgeschäft ab, ganz abgesehen von den
üblichen vorhersehbaren Dienstwegen, wenn Anfragen für fachliche Gutachten
an kirchliche Zensoren bzw. weitere Regierungsstellen geschickt wurden, sowie
dem Amtsverkehr (Anfragen, Listen, Protokolle, Manuskripte, Belegexemplare)
mit Wien.
Um die Arbeit etwas zu erleichtern, wurden zwar auf Zanattas Anregung hin
relativ schnell Vorlagen für die Zensurprotokolle gedruckt,107 aber die weiteren
Hilfsmittel waren spärlich und oft nur auf eigene Initiative hin überhaupt benutz-
bar. Die Basis für die Verbote der Bücherrevision waren von 1815 an die hand-
schriftlichen Verbotslisten, die meistenteils zweiwöchentlich erstellt und von
Wien an die Provinzregierungen und von dort weiter an die Zensurbehörden
geschickt wurden. Das deckte freilich nur die aktuellen Verbote ab. Für ältere
Titel gab es die 1816 gedruckten Kataloge Neu durchgesehenes Verzeichniss der
verbothenen deutschen Bücher (Wien 1816) bzw. Catalogue revu et corrigé des
livres prohibés, françois, anglois et latins (o. O. 1816), die auch nach Italien
geschickt und mutmaßlich in durchschossenen Exemplaren auf Basis der hand-
105 ASM, AdG, Studi p.
m.
232, Foglio di Censura
3163 (Bellisomi) vom 24.12.1819 und die Schrei-
ben von Zanatta an das Governo (28.12.) bzw. die Antwort von Giudici am 31.12.
106 Vgl. ASM, Presidenza di governo 174, besonders 589/geh vom 24.4./3.5.1833.
107 ASM, AdG, Studi p. m. 74, Zanatta an Saurau vom 5.7.1816.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
234 4. Ein Blick in die Länder
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Title
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Author
- Norbert Bachleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510