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alten Kupplerin, in der Nähe von Gent, wo sie eines Tages von dem jungen Karl
V.
entdeckt und nächtens besucht wird. Aufgrund diverser Verwicklungen kommt
es aber zu keiner Liebesnacht. Bella studiert Zauberbücher und ist danach in der
Lage, einen männlichen Alraun aufzuziehen. Das Wurzelmännlein ist boshaft,
Bella liebt es aber wie ein Kind, wobei der Erzähler unschickliche Vergleiche mit
der göttlichen Schöpferkraft zieht: „also hat Gott die von ihm geschaffene Welt
geliebet, daß er ihr seinen eingebornen Sohn gesendet hat“.242 Der Alraun ent-
deckt einen Schatz, mit dessen Hilfe sich die Gesellschaft als aus der Fremde
zugereiste Adelige ausgibt und in Genf in einem Ritterhaus niederlässt. Ein
Bärenhäuter schließt sich ihnen an, der eigentlich bereits tot ist, aber zu seiner
endgültigen Erlösung noch ein paar Jahre abdienen muss. Die eingelegte Bin-
nenerzählung des Bärenhäuters ist wegen des Auftritts des Papstes ebenfalls
äußerst fragwürdig: Der Bärenhäuter hat sieben Jahre einem Geist gedient, bei
der Übernachtung in einem Gasthof hat er die Wände des Zimmers mit wun-
derbaren Bildern bemalt. Der durchreisende Papst ist von den Bildern begeistert
und nimmt den Bärenhäuter mit nach Rom, wo er aufgrund eines Bildes der
Zukunft die Gegenwart und Vergangenheit malen soll – alle drei sind ‚natürli-
che‘ Töchter des Papstes. Er erfüllt die Aufgabe und erhält dafür die Hand der
Tochter ‚Zukunft‘, die anderen beiden Töchter sterben vor Gram und fallen dem
Geist zu.
In Gent begegnet Bella wieder Karl, der nun ausgewachsene Alraun bemüht
sich um eine Stelle als Marschall an seinem Hof. Karl verkleidet sich als Arzt,
um zu Bella vordringen zu können, stammelt dann aber, als es so weit ist, lächer-
licherweise nur das Wort „Pulsfühlen“: „Pulsfühlen, wiederholte er, Pulsfühlen
sagte er zum drittenmal.“243 Bella offenbart ihm ihre Herkunft, er glaubt, sie sei
eine französische Prinzessin, die ihm inkognito zur Heirat offeriert werden soll.
Er überrascht sie aber, als sie gerade ihren Alraun küsst, und entbrennt in Eifer-
sucht. Um von der echten Bella abzulenken, lässt er einen Bella-Golem anferti-
gen, der dem Alraun als Geliebte dient. Wieder wird die quasi-göttliche Fähig-
keit des Menschen, Leben zu erzeugen, unterstrichen. Der den Golem
herstellende Jude bemerkt darüber:
Herr, warum hat Gott die Menschen erschaffen, als alles übrige fertig war? Offenbar,
weil das in ihrer Natur lag, als diese von Gott sich losgedacht hatte. Liegt das in ihrer
Natur, so bleibts auch in ihrer Natur und der Mensch, der ein Ebenbild Gottes ist,
242 Achim von Arnim: Isabella von Aegypten, Kaiser Karl des Fünften erste Jugendliebe. Eine
Erzählung. Melück Maria Blainville, die Hausprophetin aus Arabien. Eine Anekdote. Die drei
liebreichen Schwestern und der glückliche Färber. Ein Sittengemälde. Angelika, die Genuese-
rin, und Cosmus, der Seilspringer. Eine Novelle. Berlin: Realschulbuchhandlung 1812, S. 34.
243 Ebd., S. 83.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
332 6. Fallstudien
Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Title
- Die literarische Zensur in Österreich von 1751 bis 1848
- Author
- Norbert Bachleitner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20502-9
- Size
- 15.8 x 24.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Censorship, Austria, Habsburg monarchy, 18th and 19th century, Zensur, Österreich, Habsburgermonarchie, Geschichte, 18. und 19. Jahrhundert, Literatur
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- VORBEMERKUNGEN 11
- 1. EINLEITUNG 15
- 2. IM DIENST DER AUFKLÄRUNG: DIE ZENSUR ZWISCHEN 1751 UND 1791 41
- 2.1. Die Vorgeschichte: Zensur in der Frühen Neuzeit 41
- 2.2. Die maria-theresianische Zensurkommission 49
- 2.3. Die josephinisch-leopoldinische Epoche 58
- 2.4. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1754–1791 73
- 2.4.1. Verbote 1754–1791 73
- 2.4.2. Verbote 1754–1780, gegliedert nach Sprachen 78
- 2.4.3. Meistverbotene Autoren 1754–1780 79
- 2.4.4. Verbote 1783–1791, gegliedert nach Sprachen 82
- 2.4.5. Meistverbotene Autoren 1783–1791 84
- 2.4.6. Verbote 1754–1791, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 85
- 2.4.7. Meistverbotene Verlage 1754–1791 87
- 2.4.8. Häufigste Verlagsorte 1754–1791 91
- 3. DIE ZENSUR ALS INSTRUMENT DER REPRESSION: DIE ÄRA NAPOLEONS UND DER VORMÄRZ (1792–1848) 93
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 3.1.1. Die Etablierung des polizeilichen Zensursystems 94
- 3.1.2. Die Zensoren 96
- 3.1.3. Die Aktion der Rezensurierung 1803–1805 101
- 3.1.4. Die Jahre der napoleonischen Besatzung und die Zensurvorschrift von 1810 105
- 3.1.5. Die Zensurgutachten: Beispiele aus den Jahren 1810/11 108
- 3.1.6. Die Bücherrevisionsämter 114
- 3.1.7. Die Staatskanzlei 121
- 3.2. Die Zensur im Vormärz (1821–1848) 124
- 3.3. Kommentierte Statistik der Verbotstätigkeit 1792–1848 146
- 3.3.1. Verbote und Zulassungen 1792–1820 148
- 3.3.2. Verbote 1792–1820, gegliedert nach Sprachen 151
- 3.3.3. Meistverbotene Autoren 1792–1820 153
- 3.3.4. Verbote und Zulassungen 1821–1848 157
- 3.3.5. Verbote 1821–1848, gegliedert nach Sprachen 163
- 3.3.6. Meistverbotene Autoren 1821–1848 166
- 3.3.7. Verbote 1792–1848, gegliedert nach Disziplinen bzw. Gattungen 169
- 3.3.8. Meistverbotene Verlage 1792–1848 171
- 3.3.9. Meistverbotene französische Verlage 1792–1848 186
- 3.3.10. Häufigste Verlagsorte 1792–1848 188
- 3.1. Zwischen Französischer Revolution und Studentenunruhen: Die Zensur von 1792 bis 1820 94
- 4. EIN BLICK IN DIE LÄNDER 193
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 4.1.1. Die böhmischen Zensurkommissionen und ihre Zusammensetzung 193
- 4.1.2. Das Nebeneinander der Zensurinstanzen 196
- 4.1.3. Die gescheiterte Zentralisierung (1781–1791) 200
- 4.1.4. Die langsame Professionalisierung und Zentralisierung des Zensurapparats unter Franz II./I 203
- 4.1.5. Prag und Wien im Spannungsfeld der Kompetenzstreitigkeiten 206
- 4.1.6. Die Struktur der Zensur in Böhmen seit 1810 208
- 4.1.7. Unter der Lupe – Analyse der Gutachten 211
- 4.1.8. Probleme der Zensur in den Provinzen – der Fall Böhmen 214
- 4.2. Daniel Syrovy: Die italienischsprachigen Gebiete der Habsburgermonarchie (1768–1848) 216
- 4.1. Petr Píša/Michael Wögerbauer: Das Königreich Böhmen (1750–1848) 193
- 5. DIE THEATERZENSUR 239
- 6. FALLSTUDIEN 259
- 6.1. Periodika 259
- 6.2. Chroniques scandaleuses 269
- 6.3. Die Motive ,Teufel‘ und ,Selbstmord‘ in der verbotenen Literatur 281
- 6.4. Die deutsche Klassik 296
- 6.5. Die Romantiker 321
- 6.6. Historische Romane am Beispiel von Walter Scott 336
- 6.7. Französische und anglo-amerikanische Romanliteratur der 1840er Jahre 347
- 6.8. Geschichtsepik 359
- 6.9. Französische Theaterstücke aus dem Zeitraum 1830–1848 374
- 6.10. Englische Theaterstücke 389
- 7. AUSBLICK 407
- ANHANG 411
- 1. Zensurprotokolle 411
- 2. Verordnungen, Zensur-Richtlinien, Berichte 416
- Mandat betreffend „Sectischer Bücher-Verbott“, ausgegeben von Erzherzog Ferdinand I. von Österreich am 12.3.1523 416
- „Kurze Nachricht von Einrichtung der hiesigen Hofbüchercommission“ vom Februar 1762 418
- Pro Memoria des Professoris Sonnenfels Die Einrichtung der Theatral Censur bet[treffend] [Resolution von Joseph II., vom 15. März 1770] 419
- Gerard van Swieten: Quelques remarques sur la censure des livres (14. Februar 1772) 421
- Zensurverordnung Josephs II., ausgegeben am 1. Juni 1781 427
- Hofdekret vom 20., kundgemacht in Mähren den 28., in Innerösterreich den 30. Jäner, in Gallizien den 3. Februar 1790 431
- Denkschrift Franz Karl Hägelins, gedacht als Leitfaden für die Theaterzensur in Ungarn (1795) 438
- Zensur-Vorschrift vom 12. September 1803. Anleitung für Zensoren nach den bestehenden Verordnungen 462
- Instruktion für die Theaterkommissäre in den Vorstädten von Wien, 5. Dezember 1803 470
- Vorschrift für die Leitung des Censurwesens und für das Benehmen der Censoren, in Folge a. h. Entschließung vom 14. September 1810 erlaßen 474
- ABBILDUNGSVERZEICHNIS 479
- BIBLIOGRAPHIE 480
- REGISTER 510