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geprÀgt. »Das politische Engagement ist Teil meiner Literatur«, so die Autorin
selbst : »Das eine gehört zum anderen.«5
Ihre (links-)politische Agitation hatte Jelinek von Seiten der (Rechts-)Konser-
vativen, die seit Anbeginn der Zweiten Republik die österreichische Tagespolitik
mitbestimmt hatten, vorwiegend UnverstÀndnis und HÀme eingebracht. Mit
Bekanntgabe der Nobelpreisentscheidung wendete sich das Blatt jedoch schlag-
artig. So kam nicht nur aus dem sozialdemokratischen Lager Lob und Beifall â
der Wiener SPĂ-BĂŒrgermeister Michael HĂ€upl bezeichnete die Ausgezeichnete
als »Blume im Knopfloch Ăsterreichs«6 â, sondern machte auch der damalige
ĂVP-NationalratsprĂ€sident und spĂ€tere BundesprĂ€sidentschaftskandidat Andreas
Khol seine heimliche Leidenschaft fĂŒr Jelineks Literatur öffentlich.7 Einzig der
inzwischen tödlich verunglĂŒckte Rechtspopulist Jörg Haider erkannte nach wie
vor »keine literarische Wertigkeit«8 in Jelineks Schaffen und witterte eine Ver-
schwörung des Schwedischen Nobelpreiskomitees gegen Ăsterreich. Jelinek selbst
wehrte sich so gut wie möglich gegen jedwede politische Vereinnahmung.
»Es lĂ€sst sich wahrscheinlich nicht vermeiden, dass das jetzt zur âșnationalen Sacheâč
hochstilisiert wird. Ich versuche mich möglichst fern zu halten von dem ganzen Ge-
triebe, denn in dem Augenblick, in dem man zu viel Beifall von offizieller Seite be-
kommt, verliert man den Biss, die MĂ€chtigen auch zu kritisieren, und das ist immer ein
wesentliches Movens meiner Literatur gewesen. Deswegen halte ich mich auch bewusst
von linken Positionseliten fern.«9
Dazu ist anzumerken, dass Jelinek 17Â
Jahre lang Mitglied der Kommunistischen
Partei gewesen war. EnttĂ€uscht und wĂŒtend hatte sie der Partei jedoch 1991
den RĂŒcken gekehrt : Sie und andere Kollegen mit bekanntem Namen seien
lediglich als »nĂŒtzliche Idioten« missbraucht worden, Ă€rgerte sie sich am Ende.10
Dem ZerwĂŒrfnis mit der KPĂ zum Trotz bezeichnete sich Jelinek selbst im-
mer wieder als »Marxistin«11, warnte aber gleichzeitig vor ideologischer Blind-
5 Jelinek, zitiert nach : profil, Nr. 42, 2004, S. 124. Vgl. auch GĂŒrtler, Gegen den schönen Schein,
S. 7.
6 HĂ€upl nach Bekanntgabe der Entscheidung des Nobelpreiskomitees am 7.10.2004 im ORF-Ra-
dio.
7 So las Khol in der TV-Dokumentation »Wer hat Angst vor Elfriede J. ?« einzelne Passagen aus
Jelinek-Texten fĂŒr die Kamera vor und amĂŒsierte sich demonstrativ ĂŒber deren Sprachwitz.
8 Jörg Haider in derselben TV-Dokumentation.
9 Jelinek in einem Ă1-RadiogesprĂ€ch mit GĂŒnter Kaindlstorfer, 7.10.2004.
10 Dies., zitiert nach : Janke, Die Nestbeschmutzerin, S. 27.
11 Dies., zitiert nach : Kerschbaumer, FĂŒr mich hat Lesen etwas mit FlieĂen zu tun, S. 146. Vgl.
auch Janke, Die Nestbeschmutzerin, S. 27. 13
Inhalte und Zieleâ |
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Eine historiografische Untersuchung
- Title
- Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
- Subtitle
- Eine historiografische Untersuchung
- Author
- Sylvia Paulischin-Hovdar
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20325-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 328
- Keywords
- Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 7
- 1. Einleitung 11
- 2. Methodische Reflexion 99
- 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
- 3.1 »Burg theater« 108
- 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
- 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
- 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
- 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
- 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
- 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
- 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die groĂe Anklage 245
- 3.3 »Das Lebewohl« 247
- 4. ResĂŒmee 279
- 5. Epilog â Wir warenâs nicht ? 296
- 6. Anhang 299
- 7. Register 319