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Mythen untereinander, aber auch den Konnex zum österreichen GedÀchtnis dar-
stellt, soll in einem dritten Schritt eine detailliertere und mehr textimmanente
Auseinandersetzung erfolgen, die BezĂŒge zu den im theoretischen Teil dieser
Studie dargelegten Faschismus- und Mythostheorien herstellt. Dazu wurden
einige der wichtigsten Mythendestruktionen aus »Die Kinder der Toten« ex-
emplarisch zur Textanalyse ausgewÀhlt. Diese werden in einzelnen Unterkapi-
teln jeweils kurz aufgegriffen und auf kĂŒnstliche Weise »isoliert« : Das heiĂt, sie
werden hier bewusst als Einzelereignisse dargestellt, um sie besser erfassen und
weiters ihren Stellenwert im Text besser verstehen zu können. Bei der LektĂŒre
stellen sich diese (hier kĂŒnstlich isolierten) Einzelereignisse natĂŒrlich als ein
ineinander verwobenenes, groĂes Ganzes dar. FĂŒr das LektĂŒreverstĂ€ndnis ist es
jedoch hilfreich, sich schrittweise dem komplexen, groĂen Ganzen anzunĂ€hern ;
daher zunÀchst also zu den Einzelkomponenten.
3.2.2 Formales, Setting und Plot
»Dieser Text kommt ĂŒber einen wie die Mure,
und vielleicht verschĂŒttet er seine Leser.«422
Jelineks 1995 bei Rowohlt erschienener Roman umfasst 666 Seiten und einen
Absatz â angeblich hatte der Verlag Probleme damit gehabt, die von der Au-
torin gewĂŒnschten, auf die Apokalypse verweisenden 666 Seiten typografisch
umzusetzen und so blieb am Ende ein Absatz auf einer nicht paginierten Seite
667 ĂŒbrig.423 Ein Prolog und ein Epilog umschlieĂen 35 deutlich voneinander
abgegrenzte, aber nicht nummerierte Kapitel, die durch neue Seiten sowie durch
fettgedruckte AnfÀnge des jeweils ersten Satzes ausgewiesen sind.424
Dem Roman ist eine Schriftrollenskizze vorangestellt, auf der drei gefaltete
SchriftbÀnder mit einem Satz in hebrÀischer Schrift zu sehen sind. In der ge-
bundenen Originalausgabe des Buchs ist dessen Ăbersetzung ins Deutsche auf
der RĂŒckseite vorzufinden :
»Die Geister der Toten, die solang verschwunden waren, sollen kommen und ihre Kin-
der begrĂŒĂen.«425
422 LĂŒcke, Elfriede Jelinek, S. 93.
423 Vgl. Mayer/Koberg, Ein PortrÀt, S. 206.
424 Vgl. LĂŒcke, Elfriede Jelinek, S. 95. Vgl. auch Janke, Werkverzeichnis, S. 59.
425 KDT, S. 6. Vgl. auch Mayer/Koberg, Ein PortrĂ€t, S. 206. Vgl. auch LĂŒcke, Elfriede Jelinek,
S. 95. 181
»Die Kinder der Toten«â |
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Eine historiografische Untersuchung
- Title
- Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
- Subtitle
- Eine historiografische Untersuchung
- Author
- Sylvia Paulischin-Hovdar
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20325-4
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 328
- Keywords
- Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 7
- 1. Einleitung 11
- 2. Methodische Reflexion 99
- 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
- 3.1 »Burg theater« 108
- 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
- 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
- 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
- 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
- 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
- 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
- 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die groĂe Anklage 245
- 3.3 »Das Lebewohl« 247
- 4. ResĂŒmee 279
- 5. Epilog â Wir warenâs nicht ? 296
- 6. Anhang 299
- 7. Register 319