Seite - 181 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Mythen untereinander, aber auch den Konnex zum österreichen Gedächtnis dar-
stellt, soll in einem dritten Schritt eine detailliertere und mehr textimmanente
Auseinandersetzung erfolgen, die Bezüge zu den im theoretischen Teil dieser
Studie dargelegten Faschismus- und Mythostheorien herstellt. Dazu wurden
einige der wichtigsten Mythendestruktionen aus »Die Kinder der Toten« ex-
emplarisch zur Textanalyse ausgewählt. Diese werden in einzelnen Unterkapi-
teln jeweils kurz aufgegriffen und auf künstliche Weise »isoliert« : Das heißt, sie
werden hier bewusst als Einzelereignisse dargestellt, um sie besser erfassen und
weiters ihren Stellenwert im Text besser verstehen zu können. Bei der Lektüre
stellen sich diese (hier künstlich isolierten) Einzelereignisse natürlich als ein
ineinander verwobenenes, großes Ganzes dar. Für das Lektüreverständnis ist es
jedoch hilfreich, sich schrittweise dem komplexen, großen Ganzen anzunähern ;
daher zunächst also zu den Einzelkomponenten.
3.2.2 Formales, Setting und Plot
»Dieser Text kommt über einen wie die Mure,
und vielleicht verschüttet er seine Leser.«422
Jelineks 1995 bei Rowohlt erschienener Roman umfasst 666 Seiten und einen
Absatz – angeblich hatte der Verlag Probleme damit gehabt, die von der Au-
torin gewünschten, auf die Apokalypse verweisenden 666 Seiten typografisch
umzusetzen und so blieb am Ende ein Absatz auf einer nicht paginierten Seite
667 übrig.423 Ein Prolog und ein Epilog umschließen 35 deutlich voneinander
abgegrenzte, aber nicht nummerierte Kapitel, die durch neue Seiten sowie durch
fettgedruckte Anfänge des jeweils ersten Satzes ausgewiesen sind.424
Dem Roman ist eine Schriftrollenskizze vorangestellt, auf der drei gefaltete
Schriftbänder mit einem Satz in hebräischer Schrift zu sehen sind. In der ge-
bundenen Originalausgabe des Buchs ist dessen Übersetzung ins Deutsche auf
der Rückseite vorzufinden :
»Die Geister der Toten, die solang verschwunden waren, sollen kommen und ihre Kin-
der begrüßen.«425
422 Lücke, Elfriede Jelinek, S. 93.
423 Vgl. Mayer/Koberg, Ein Porträt, S. 206.
424 Vgl. Lücke, Elfriede Jelinek, S. 95. Vgl. auch Janke, Werkverzeichnis, S. 59.
425 KDT, S. 6. Vgl. auch Mayer/Koberg, Ein Porträt, S. 206. Vgl. auch Lücke, Elfriede Jelinek,
S. 95. 181
»Die Kinder der Toten« |
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Eine historiografische Untersuchung
- Titel
- Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
- Untertitel
- Eine historiografische Untersuchung
- Autor
- Sylvia Paulischin-Hovdar
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20325-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 328
- Schlagwörter
- Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- 1. Einleitung 11
- 2. Methodische Reflexion 99
- 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
- 3.1 »Burg theater« 108
- 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
- 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
- 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
- 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
- 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
- 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
- 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
- 3.3 »Das Lebewohl« 247
- 4. Resümee 279
- 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
- 6. Anhang 299
- 7. Register 319