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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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5. Epilog – Wir waren’s nicht ? »Man kann sich nicht im Konjunktiv entschuldigen.«57 Was aus heutiger Perspektive, mit dem Abstand von sieben Jahrzehnten zu Gewaltherrschaft und Krieg, geleistet werden kann, ist, die ent-historisierte Geschichte zu re-historisieren : historisches Bewusstsein endlich in adäquate sprachliche Formen zu gießen. Solange sich die Involvierung der »Vielen« nicht in angemessener Form im öffentlichen Diskurs widerspiegelt, werden die Gespenster der Vergangenheit nicht ruhen. Sie werden sich immer wieder aus ihren Gräbern erheben und durch unsere Schlüssellöcher schauen, denn die kollektive Sprachlosigkeit an- gesichts der übermächtigen Schuld gibt ihnen keinen Frieden (»Die Seelen der Toten sind unzufrieden mit uns.«58). Der Holocaust war das Ergebnis des Zusammenwirkens tausender ganz »normaler« Menschen, die andere ganz »normale« Menschen, Frauen, Männer und Kinder, geschlagen, erniedrigt, gepeinigt, ihnen das Haar abrasiert, sie zur Arbeit gezwungen, vergewaltigt, erschossen, erschlagen, vergast, in Gruben ge- worfen oder in Hochleistungsöfen geschoben, medizinische Experimente mit ihnen durchgeführt und aus ihren menschlichen Überresten Lampenschirme und Seife gefertigt haben. Nicht einzelne, sondern tausende ganz »normale« Bürger haben die unfass- barsten Grausamkeiten begangen, Deutsche wie auch Österreicher. Und die »Vielen«59, die nicht unmittelbar in Verbrechen involviert waren, profitierten doch von ihnen : von Berufsverboten, Enteignungen, Vertreibung und Vernich- tung. Schließlich muss eingestanden werden, dass der Wahnsinn im Mai 1945 nicht aus Einsicht beendet wurde, nein : Der Nationalsozialismus wurde von den alliierten Mächten militärisch in die Knie gezwungen. Bis zur letzten Minute fuhren vollbesetzte Züge nach Auschwitz.60 Sie ist tatsächlich schwer auszuhalten, diese historische Bürde. Und wer sich über einen längeren Zeitraum hinweg mit dieser Thematik befasst, stößt unwei- 57 Redakteur Müller zu Haider in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel, zitiert nach : Czernin, Westentaschen-Haider, S.  73. 58 Lebert, Wolfshaut, S.  166. 59 Lüdtke, Macht der Emotionen, S.  54. 60 Vgl. Peukert, Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde, S.  79. Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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