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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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»Da ich inzwischen weiß, daß alles, was man sagt, gegen einen verwendet wird, wün- sche ich, ich hätte nie etwas gesagt.«327 Die für sie logische Konsequenz habe darin bestanden, keine Interviews mehr zu geben. Außerdem sei es ihr inzwischen »unerträglich, wie primitiv Aussagen über die eigenen Texte im Vergleich zur Vielschichtigkeit der Texte selber sind«328. Ebenso wie die literarischen Texte sind auch Jelineks autobiografische Schil- derungen einer starken Stilisierung unterworfen. Auch die mündlich oder schriftlich (etwa per E-Mail) geführten Interviews sind von Übertreibung, Iro- nie und Sarkasmus geprägt. »Ich bin eine Autorin, die nicht einfach eins zu eins etwas herauskotzt, sondern die das ganze einer sprachlich so starken Sti- lisierung unterwirft, daß die Autorin am Ende in ihrem Text verschwindet«, glaubt Jelinek selbst ; sie sei zwar »überall drin«, aber so verschlüsselt, dass man sie nicht finden könne.329 Da irrt sie jedoch  – oder stilisiert sich wieder, denn in den meisten ihrer Texte findet man sie ohne große Mühe schnell wieder. Der »offensive Umgang mit den eigenen Neurosen«330 kann nur als ironische Selbst- stilisierung und -distanzierung begriffen werden : »Sicher versuche ich mich gegen Anwürfe schon im Vorhinein zu schützen, indem ich sie auf die Werfer zurückschmeiße, noch bevor ich den Schneeball auffangen konnte.«331 In diesem Sinne sind auch ihre autobiografischen Aussagen zu verstehen. Wie verlässlich oder »synthetisch« die in dem Autorinnenporträt dargelegten Infor- mationen sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt mangels alternativer Darstellungen nicht geklärt werden. Diese bleiben ein Desiderat für weitere lebensgeschichtli- che Forschungen über Elfriede Jelinek. Bei Berücksichtigung der genannten Problematiken stellt das Porträt von Mayer/Koberg eine geeignete Orientierungshilfe bei der ersten Annäherung an die Autorin dar, die sich selbst und ihre Innenwelt immer sehr stark in ihre Text- produktion einbringt. »Ich sage kaum jemals Ich, wenn ich mich in meinen Tex- ten meine.«332 Dennoch ist das Naheverhältnis einer ERIKA KOHUT oder ELFI ELEKTRA zu deren Schöpferin erahnbar. Es empfiehlt sich, auf die zahlreich vor- handenen Interviews zurückzugreifen, um sich selbst ein Bild darüber machen zu 327 Jelinek, zitiert nach : Winter, Gespräch mit Elfriede Jelinek, S.  11. 328 Fuchs/Jelinek, »Man steigt vorne hinein…«, S.  10 329 Jelinek, zitiert nach : Winter, Gespräch mit Elfriede Jelinek, S.  10. 330 profil, Nr.  42, 2004, S.  124. 331 Jelinek, zitiert nach : Janke/Kovacs/Schenkermayr, »Die endlose Unschuldigkeit«, S.  20. 332 Jelinek, oh mein Papa, unpaginiert. 66 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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