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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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verspricht, dass sie ihm zu Geld und sozialem Aufstieg verhelfen könnte. Diese sieht in ERICH aber nur ein Nutzobjekt ihrer sexuellen Lust, die Natur begreift die GeschĂ€ftsfrau als bloßes Mittel, um Geld zu machen. Über die drei Figuren wird der Mythos Natur auf mehrfache Weise destruiert : »Die Natur 
 taugt 
 nur als Ware fĂŒr den Wintersport, und ist im ĂŒbrigen so marode, dass sie als â€șun- echtâ€č gegenĂŒber ihrer Medienreproduktion erscheint.«515 Das Fernsehen liefert schönere, scheinbar »echtere« Bilder von der Natur. Als ERICH aus dem Schlaf- zimmer der Managerin flieht, wird er von »den Beherrschern der Wildnis«516 er- schossen. Durch eine weitere Figur, den Ex-Geliebten der AICHHOLZ, kommt die Opferthese explizit ins Spiel : HAUSBERGL ist ein Philosoph, dessen Ideen von der nationalsozialistischen Ideologie durchtrĂ€nkt sind ; immer wieder verweist der Text damit auf Heidegger und Nietzsche. Dennoch genießt HAUSBERGL höchstes Ansehen. Die Figur kann als exemplarisch begriffen werden ; jedoch gibt es ein konkret rĂŒckverfolgbares Vorbild fĂŒr sie : Franz Hausberger, in den 1970er Jahren ÖVP-BĂŒrgermeister der Tiroler Stadt Mayrhofen, der mit seiner Vergangenheit in der Ersten SS-Infanteriebrigade geprahlt hatte, die im Zweiten Weltkrieg an Massenmorden beteiligt gewesen war. Hausberger selbst soll in Holland ein Kind erschossen haben, das sich nicht von seinem Hund trennen wollte.517 Eine natio- nalsozialistisch belastete Vergangenheit stellte aber nicht unbedingt ein Hinder- nis fĂŒr eine politische Karriere im Nachkriegsösterreich dar. »Die [Braunen] wollen schon wieder 
 Minister und Landeshauptschutzleute wer- den.«518 Die politische Anerkennung durch einflussreiche Konservative und eine schwa- che Kreisky-SPÖ ermögliche ihnen dies, so der implizite Vorwurf der Autorin.519 TatsĂ€chlich gewann die FPÖ als offen »rechte« Partei seit den 1980er Jahren stark an politischem Einfluss. Mit dem Obmann Jörg Haider wurde der Rechts- populismus salonfĂ€hig gemacht, was auch auf die Sprache und den Politstil der Großparteien abfĂ€rbte, vor allem in Zeiten des Wahlkampfs. Die Aussagen freiheitlicher Politiker, die aus ihrer deutschnationalen, aus- lĂ€nderfeindlichen Gesinnung keinen Hehl machen, werden in Jelineks Thea- 515 Ebd. 516 Jelinek, Oh Wildnis, S.  282. 517 So Recherchen des Wochenmagazins profil, vgl. profil online, Zeitgeschichte, abrufbar unter : http://www.profil.at/articles/0503/560/103307/zeitgeschichte-die-schwarzen-braunen (Zu- griff am 4.9.2013). Zu dem RĂŒckschluss auf das historische Vorbild vgl. Scheidl, Ein Land auf dem rechten Weg, S.  147  f. 518 Jelinek, Oh Wildnis, S.  157. 519 Vgl. Scheidl, Ein Land auf dem rechten Weg, S.  148. 93 Poetologische EinfĂŒhrung  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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