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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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und Beziehungen.114 Auch die scheinbar unvermittelte Ausrufung »Schram- meln !« ist wohlkalkuliert, verweist sie doch auf den Titel einer 1944 gedrehten Wien-Film-Produktion mit Paul Hörbiger in der Hauptrolle, die mit den Prä- dikaten »künstlerisch und volkstümlich wertvoll« ausgezeichnet wurde.115 Die Anspielung auf das Mitwirken der drei Protagonisten an propagandistischen oder jedenfalls regimefreundlichen Filmen findet sich auch an anderen Stellen des Stücks wieder, etwa in einer Aussage von Schorsch (»…  mir missen un- sane Rollen jetzn … a weng ändern … staatspolitisch besonders wertvoll !«116) Istvan widerspiegelt in perfekter Manier den Typus des braven, feigen Mit- läufers. Er rechtfertigt seine Enthaltsamkeit vom Kriegsdienst mit seinen an- geblich unverzichtbaren schauspielerischen Verpflichtungen. So gerne wäre er dabei, bei den »topferen Burschen an der Front«117, beteuert er : Istvan : … Wie gern, oh wie gern wär ich dabei ! Doch bin ich hier unabkömmlich. Sowas müßtmer einmal mochen. War des a Gspaß ! …118 Istvan ist tatsächlich genauso opportunistisch und gewissenlos wie sein Bru- der  – und dazu noch feige. Es muss stets jemanden geben, der seine Verhaltens- weisen deckt. So bezeichnet er es auch als »Gspaß« und »Hetz«119, gemeinsam mit Käthe und Schorsch den gewaltlosen Alpenkönig zu erschlagen. In der vorausgehenden Konfrontation dieser Gewaltszene fällt Istvan insofern auf, als dass er immer wieder versucht, aus dem Alpenkönig herauszukitzeln, welche Art Mensch er sei : ein bekannter oder wenig bekannter Schauspielkollege, ein Jude, ein Bolschewist oder gar ein »Krowot«120 ? Der Unterschied scheint für ihn von relevanter Bedeutung zu sein, was auch darin deutlich wird, dass Istvan den Fremden, der um Geld für Widerstandszellen bittet, mit der Bemerkung »Mir wollen hier keine Juden und Ausländer !«121 wegschicken möchte und ihn als »Lumpenhund« und »Vaterlandsverräter«122 beschimpft, bevor Käthe und er schließlich anfangen, auf den unwillkommenen Gast einzuschlagen. So wie er seine eigene Rolle verharmlost und herunterspielt (»ent-politisiert«), vernied- licht Istvan auch wiederholt die Verbrechen des Regimes, indem er sich zum 114 Vgl. Hochholdinger-Reiterer, Amok, S.  53. 115 Vgl. ebd. 116 BT, S.  132. 117 Zitat KÄTHE, BT, S.  138. 118 BT, S.  138. 119 BT, S.  147. 120 BT, S.  145. 121 BT, S.  146. 122 BT, S.  146. 127 »Burg theater«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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