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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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»Da wird das Heer der Geister, das niemand gerufen hat, mit Kettensägen traktiert und mit Küchenmixern zerstückelt [,] bis jede einzelne Körperzelle ein blutiges Ende gefunden hat.«486 Gemeint sind so genannte »Splatterfilme« wie »Resident Evil«, »Dawn of the Dead« oder »28  Days later«, aber auch Videospiele wie »Left for dead« oder »Call of Duty : World at War«  – Zombie-Schocker, die möglicherweise animis- tische Gefühle aus unserem Unterbewussten hervorholen und damit verdrängte Bedürfnisse befriedigen. Diese »modernen« Varianten, die sich vor allem durch die Quantität und Brutalität der auftretenden Untoten auszeichnen, erinnern dabei kaum noch an die tragischen Untoten bei Mary Shelley oder Bram Stoker. Ihre ursprüngli- che Verankerung in der christlichen Vorstellungswelt ist schließlich kaum noch erahnbar  – wir erinnern uns, dass der Prototyp einer untoten Hauptfigur im »Buch der Bücher«, der Bibel, zu finden ist : Jesus, der dem apostolischen Glau- bensbekenntnis gemäß am dritten Tag nach seinem Tod wieder auferstanden ist. Nach Kastberger stellt die Wiederauferstehung die »zentrale Aussage des Jüngsten Gerichts«487 dar. Alle Weltreligionen bestreiten, möglicherweise in Kompensation des »Unheimlichen«, bis heute die Tatsache des individuellen Todes und versprechen (in der einen oder anderen Form) ein Leben nach dem Tod.488 Die Auferstehung Jesus’ wird im Christentum jedes Jahr zu Ostern als wichtigstes Fest des Jahres begangen. Bei Jelinek sollen die »Schweigsamen«  – die Geschichtsleugner  – beim Jüngsten Gericht selbst verschwiegen werden.489 Auch auf den Prototyp des Wiedergängers verweist Jelinek wiederholt in ihrem Text (explizit und in Großbuchstaben zum Beispiel auf den »Leib Christi«490, der zwar leicht hingesagt, aber schwer zu beschreiben sei). Die wiederholten Nennungen und Hinweise auf die Dreifaltigkeit sowie auf christliche Ge- und Verbote können dabei als kritische Auseinandersetzung mit dem Christentum verstanden werden : »Da ist das Christentum : halb Substanz, halb Wärme, und man sieht nicht, woher das alles kommt. Doch man weiß, daß man in die Kirche gehen muß.«491 486 Ebd. 487 Ebd. 488 Vgl. dazu auch Freud, Das Unheimliche, S.  255. 489 Vgl. KDT, S.  91. 490 KDT, S.  487. Vgl. auch KDT, S.  175, S.  187  f. sowie S.  482. 491 KDT, S.  344. 192 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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