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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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In Jelineks »Die Kinder der Toten« gibt es »eine Erzählerin, die sich ›Frau Autor‹ nennt und sich hin und wieder mit Sätzen wie ›So, hier sind wir wieder‹ oder ›Erinnern Sie sich bitte‹ zu Wort meldet.«565 Diese Instanz ist jedoch nie- mals eindeutig fassbar, sie fällt ständig von einer Erzählhaltung in die andere, indem sie zwischen der ersten Person Singular (»Ich persönlich beschreibe lieber Autounfälle«566) und der ersten Person Plural (»Wir dienen Ihnen jetzt durch Gleichnisse«567) hin und her wechselt und darüber hinaus offenlässt oder ab- sichtlich verwischt, was unter »wir« zu verstehen ist. Zunächst fällt auf, dass die Erzählinstanz immer wieder auf sich aufmerksam macht, indem sie den Akt des Erzählens thematisiert, den Leser gerne auch direkt anspricht (wenn auch nicht gerade freundlich) : »Achtung, ducken Sie sich, es beginnt der vorliegende Text. Er rutscht unter Ihren Händen weg, aber das macht nichts, muß mich halt ein andrer zur Vollendung tragen, ein Bergführer, nicht Sie !«568 »… Leser, du, melde dich nicht ! …«569 »… kommen Sie zu sich ! So, jetzt sind Sie zurückgekommen und sehen, daß Sie un- nütz sind.«570 »Hören Sie nun der Wahrheit zu…«571 Schon im Prolog eröffnet diese mehrstimmige Erzählinstanz, bei Radisch als »anonymer Chor«572 bezeichnet, die eigentliche Geschichte mit den Worten : »Wir befinden uns … in einem österreichischen Dorf«573 und berichtet in Folge von Karin Frenzels tödlichem Unfall. Die Erzählerinnenfigur spricht hier in der ersten Person Plural von sich  – zu welchem Kollektiv sie tatsächlich zu zählen ist, wird jedoch im Verlauf des Romans immer undeutlicher : Ob es das »Kollektiv der österreichischen Bevölkerung«574 ist, das sich selbst für die Ver- 565 Mayer/Koberg, Ein Porträt, S.  202. Selbstbezeichnung als »Frau Autor« KDT, S.  282. 566 KDT, S.  424. 567 KDT, S.  443. 568 KDT, S.  15. 569 KDT, S.  49. 570 KDT, S.  128. 571 KDT S.  285. 572 Radisch, Maxima Moralia, unpaginiert. 573 KDT, S.  7. 574 Vgl. Scheidl, Ein Land auf dem rechten Weg, S.  155. 204 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Title
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Subtitle
Eine historiografische Untersuchung
Author
Sylvia Paulischin-Hovdar
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
328
Keywords
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂĽhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂĽmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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