Seite - 47 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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sah sich anläss lich der Räumung seines Rohbogenlagers in Leipzig gezwungen,
diejenigen Werke und Neuaufagen, deren Absatz die Unkosten nicht deckte,
entweder einzustampfen oder billig an ein Großsortiment zu verkaufen. Davon
betroffen waren auch Lothars Bücher. Der Verlag präferierte einen billigen
Verkauf der gesamten Vorräte, um so zumindest eine Weiterverbreitung der
Bücher zu gewährleisten. Zwölf Prozent des Verkaufserlöses würden dem Autor
zukommen, ließ der Verlag Lothar Mitte Dezember 1931 wissen. Und knapp
zwei Jahre später erreichte ihn die Hiobsbotschaft, dass es sich als unmög
lich
erwiesen hatte, seine Romantrilogie Macht über alle Menschen und das Drama
Ich! zu verramschen, und die Bestände nun eingestampft würden. Gegen Porto
und Verpackung erhalte er, wenn er es wünsche, einige Exemplare.100
1923 kam neben Irr licht des Geistes nicht nur der zweite Teil der Romantrilogie,
sondern auch ein weiterer Roman Lothars heraus: Das knapp 250 Seiten starke
Bekenntnis eines Herzsklaven,101 das im Ullstein Verlag erschien, hat die Form
einer Denkschrift, die ein durch Liebeswirren in eine Disziplinaruntersuchung
verstrickter Beamter abfasst. Sieben Jahre später veröffent
lichte der Zsolnay Ver-
lag eine Neuaufage des Herzsklaven unter dem Titel Der Kampf um das Herz.102
Zunächst wurden die Bekenntnisse des Ministerialbeamten Laurenz Burger
allerdings im Frühjahr 1923 als Fortsetzungsroman in der Neuen Freien Presse
veröffent licht. Das Blatt preist dieses neueste Werk »des durch seine Erzäh-
lungskunst so rasch bekannt gewordenen jungen Dichters« als einen »Wiener
Roman« an, der »ein menschlich tief ergreifendes Schicksal mit vollendeter See-
lenkenntnis und Gestaltungskraft packend schildert« 103. Lothars Erzählkünste
kämen jenen Schnitzlers »sehr nahe« 104, ist das Prager Tagblatt überzeugt, und das
Hamburger Fremdenblatt verkündet enthusiastisch, dass dieses »starke«, »reiche«,
»erschütternde« Buch »wie kaum ein anderes die Berufung und Auserwählt-
heit Lothars deut lich mache«, der hier zeige, wie »relativ die Begriffe von Recht
100 Briefe vom Albert Langen/Georg Müller Verlag an Ernst Lothar vom 23. Oktober 192[0],
11. und 14. Dezember 1931 sowie vom 31. Januar 1933. DLA, HS000390505, HS000604245,
HS000602830, HS000602830.
101 EL: Bekenntnis eines Herzsklaven. Roman. Berlin: Ullstein 1923. 258 S. – Das Buch ist seiner
Frau Mary gewidmet.
102 EL: Der Kampf um das Herz. Roman. (6.–10. Tsd. d. neubearb. Romans »Bekenntnis eines Herz-
sklaven«.) Berlin, Wien, Leipzig: Zsolnay 1930. 332 S. – Einen Auszug daraus veröffent
lichten
die Wiener Literarischen Monatshefte im März 1930 unter dem Titel Selbstgespräche eines Vaters.
103 Neue Freie Presse, 7. 2. 1923, S. 2.
104 Paul Wiegler: Neue Bücher. In: Prager Tagblatt, 18. 11. 1923, S. 22.
1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 47
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478