Seite - 72 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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zwölf der 25 Autoren waren ab Ende 1935 sämt liche Schriften verboten,110 von
weiteren zwei einzelne Werke.111
Ab 1933 war so zum Beispiel die Verbreitung von Lothars Roman Der Kampf
um das Herz in Deutschland nicht mehr erlaubt,112 dennoch findet sich in einer
für den »reichsdeutschen« Markt bestimmten Werbeschrift des Zsolnay Verlags
aus dem Herbst 1933 ein Vorabdruck aus einem Lothar-
Buch.113 Lothars Werk
fiel den Bücherverbrennungen 1933 jedenfalls zum Opfer, und spätestens 1938
waren, nachdem zunächst neben dem erwähnten Roman nur seine Weltbürger-
lichen Betrachtungen auf der »Liste des schäd lichen und unerwünschten Schrift-
tums« gestanden hatten, sämt liche Schriften Lothars verboten. Bereits 1937
konnte die Reichsschrifttumskammer mitteilen, dass seine Werke in Deutschland
nicht mehr erhält
lich seien: In diesem Jahr hatte sich der Reichsbundesleiter des
»Reichsverbands der Gehörlosen Deutschlands« bei der Reichsschrifttumskam-
mer über Lothars Erzählung Komödie im Elend beschwert und ein Verbot des
Buchs Kinder. Erste Erlebnisse verlangt. Die Reichsschrifttumskammer forderte
daraufhin vom Zsolnay Verlag die Übersendung eines Exemplars der Erzäh-
lungen. Der Verlag wiederum machte die Reichsschrifttumskammer darauf
aufmerksam, dass Bücher Ernst Lothars nicht mehr ausgeliefert würden, da er
als unerwünschter Autor gelte.114
ihrer Bücher aufgerufen (so etwa in: Deutsche Zeitung, 21. 11. 1933; Berliner Börsenzeitung,
10. 11. 1933; Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 16. 11. 1933, S. 877).
110 Im April 1935 stellte die Wiener Wochenzeitung Der Morgen noch fest, dass der Zsolnay Verlag
»die Werke von Autoren, die zumindest ›ras sisch‹ dem Hitler- Ideal keineswegs entsprechen,
zum Beispiel die Bücher Franz Werfels, Felix Saltens, Ernst Lothars usw.«, führe (Der Mor-
gen, 8. 4. 1935, S. 11).
111 Vgl. Gerhard Renner: Österreichische Schriftsteller und der Na
tionalsozialismus, S. 52 ff. Vgl.
auch Dietrich Aigner: Die Indizierung »schäd lichen und unerwünschten Schrifttums« im
Dritten Reich, Sp. 961.
112 Der Kampf um das Herz ist die Neubearbeitung von Lothars Roman Bekenntnis eines Herz-
sklaven, die 1930 bei Zsolnay erschien und um 75 Seiten umfangreicher ist als die bei Ullstein
publizierte Ursprungsversion. Lothar widmete sie Karl Siméons, einem seiner Vorgesetzten aus
dem Handelsministerium. – EL: Der Kampf um das Herz. (6.–10. Tsd. d. neubearb. Romans
»Bekenntnis eines Herzsklaven«.) Berlin, Wien, Leipzig: Zsolnay 1930. 333 S. – Auch der
Zsolnay Verlag war, wie vor ihm schon der Ullstein Verlag, gezwungen, den Roman unter
Rückgabe der Verlagsrechte in den Jahren 1933 – 1935 zu verramschen. Vgl. Murray G. Hall:
Der Paul Zsolnay Verlag, S. 350.
113 Vgl. Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918 – 1938, S. 503.
114 Vgl. Reichsschrifttumskammer. Überwachung und Verbot von Schrifttum. Verlag Paul Zsolnay,
Berlin. Beschwerde des Reichsverbands der Gehörlosen e. V., 1937. Deutsches Bundesarchiv,
Berlin- Lichterfelde. R 56-V/282.
1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor
sind«72
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478