Seite - 138 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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des Vertrags einzuhalten, musste er nun die Monatsraten von 300 Schilling
(ohne Zinsen) zurückzahlen.
Nach dem Eintreffen der ersten Zahlungsaufforderung wendet sich Lothar
im April 1938 an den Amsterdamer Exilverlag Allert de Lange, um über eine
Publika tion zu verhandeln. Schon kurz nach der Machtübernahme der Na
tio-
nalsozialisten in Deutschland hatte der holländische Verleger Gerard de Lange
seiner Firma eine deutschsprachige Abteilung angegliedert. Direkt verantwort
lich
für die »Deutsche Verlagsabteilung« waren Fritz Landshoff, Walter Landauer
und Hermann Kesten, ehemalige Lektoren des Kiepenheuer Verlags. Der Allert
de Lange Verlag veröffent lichte die Werke deutschsprachiger Schriftsteller,
die nach 1933 im eigenen Land nicht mehr publizieren konnten. Die Aufagen
konnten bei gefragten Autoren auf bis zu 10.000 oder 20.000 Exemplare stei-
gen, die meisten Schriftsteller lebten aber hauptsäch
lich von Vorschüssen und
Monatsraten.13 Lothar machte eine Zusammenarbeit von eben diesen fixen
monat lichen Vorschüssen abhängig und bot dem Verlag zwei Romankonzepte
an. Der erste Roman sollte die Welt des Theaters detailliert schildern, die Lothar
ja aus eigener Erfahrung kannte:
Der Schauplatz ist Wien, die Heldin ist eine Schauspielerin, ähn lich der von mir
mitentdeckten Paula Wessely; der Konfikt entsteht aus der anti- Pirandellesken
Erkenntnis: Schein – Sein, Lüge und Wahn – Wahrheit, beides in seiner lebensent-
scheidenden, heute mehr denn je epochemachenden Konsequenz. Mitfigur ist jener
Schauspieler Leo Reuß, der unter meiner Direk
tion unter dem Namen Kaspar
Brandhofer mit blondem Bart und in der Maske eines Bauern allenthalben von sich
reden machte, und dessen einzigartiges Abenteuer hier zum erstenmal authentisch
erzählt werden wird.14
Gleichzeitig sollte der Roman ein »Spiegelbild von Wiens letzten Jahren« sowie
»ein farbiges, dokumentarisches und zugleich ein Frauenbuch« werden.
Der zweite von Lothar vorgeschlagene Roman sollte zu dem Zyklus Die
Menschenrechte gehören. In seinem Schreiben an Allert de Lange betonte er,
dass Zsolnay diesen Stoff »für so vielversprechend« hielt, »daß er ihn bereits
13 Vgl. Reinhard Wittmann: Geschichte des deutschen Buchhandels, S. 384.
14 Brief von EL an den Allert de Lange Verlag. Einigen am Thunersee, 10. April 1938. Interna-
tionaal Instituut voor Sociale Geschiedenis (IISH), Uitgeverij Allert de Lange (Amsterdam)
Archives 1931 – 40, 29/263. 1938 – 1946:
Exil138
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478