Seite - 152 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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über die menschlichen, politischen u. künstlerischen Verhältnisse des Landes enthal-
ten. Wer ihn gelesen hat, wird Österreich und damit eines der spannendsten Kapitel
der Menschheitsgeschichte kennen.86
Das neue Verbrechen erzählt die Geschichte der jüdischen Fabrikantenfamilie
Weißberg. Der erste Teil des Romans mit dem Titel »Freiheit«, der die Jahre
1868 – 1911 umfasst, berichtet vom Aufstieg der Familie Weißberg, die aus Brünn
nach Wien übersiedelt. Der Maschinenfabrikant Emanuel Weißberg hat drei
Söhne, die es in der Monarchie zu Ansehen bringen: Richard, der älteste Sohn,
vergrößert den väter lichen Betrieb; Ernst, der mittlere Sohn, wird Augenarzt
und eine Koryphäe auf seinem Gebiet, er erhält einen Lehrstuhl an der Univer-
sität; der jüngste der drei Söhne, Otto, ist Kapellmeister an der Wiener Hofoper
und ein ausgezeichneter Wagnerdirigent. Den Maschinenfabrikanten Richard
skizziert Lothar als »liberal und konservativ«, als einen »österreichischen Patrio-
ten«. Er hat eine 15-jährige Tochter namens Lili, die mit dem Jusstudenten
Peter Gerler, dem Sohn eines hohen österreichischen Richters, liiert ist. Der
Augenarzt Ernst »ist Junggeselle, ein moderner Ironiker, der dem Liberalismus
mißtraut und zur Sozialdemokratie Beziehungen unterhält. Trotzdem ist er der
Arzt des Thronfolgers Franz Ferdinand und der Herzogin von Hohenberg.« 87
Otto, der jüngste Sohn, wird als Mann von Welt geschildert, als Liebling der
Frauen. Er verliebt sich unsterb lich in eine junge Wagnersängerin der Wiener
Oper. Weißberg senior hat sich von den Geschäften zurückgezogen und lebt
mit seiner Frau »vergnügt und im Genuß der Erfolge seiner Söhne, die in voller
mora
lischer und wirtschaft licher Freiheit Hervorragendes leisten«.
Der zweite Teil (»Gleichheit«) beginnt mit der Wiener Erstaufführung der
Oper Der Rosenkavalier von Richard Strauss und Hofmannsthal im k. k. Hof-
operntheater am 8. April 1911. »In voller Gleichheit mit den besten und respek-
tiertesten Männern des Reiches leben die drei Brüder und ihre Familien, nehmen
an den Freuden und Kämpfen des damaligen Österreich teil und sind mit allen
Menschen in Beziehung, die die Epoche repräsentieren.« 88 Als der Krieg aus-
bricht, ist Otto bereits mit der Wagnersängerin verheiratet und hat einen Sohn
namens Günther. Die Brüder Weißberg leisten Kriegsdienst: Richard lässt in
seinen Fabriken nun ausschließ lich Waffen produzieren, Ernst geht als Militärarzt
86 EL: Das neue Verbrechen. Roman (Exposé). 7 Seiten. Typoskript mit handschrift lichen Kor-
rekturen. WBR, ZPH 922a, S. 1.
87 Ebd., S. 2.
88 Ebd. 1938 – 1946:
Exil152
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478