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Lehrstücke« 32. Sozialkritische Werke wurden von der Zensur der US-Armee
meist abgelehnt. Von sechs Theaterstücken, die Lothar empfohlen hatte, wurden
vier genehmigt, während zwei nicht den Vorstellungen des offiziellen amerika-
nischen Umerziehungsprogramms entsprachen (All my sons von Arthur Miller
und Die Befreiten von Ferdinand Bruckner).33 Aber auch Ernst Lothar selbst
verhinderte die Aufführung von als antiamerikanisch eingestuften Theater
stücken
(beispielsweise Die rus sische Frage von Konstantin Simonow).34
Genehmigt und aufgeführt wurden hingegen unter anderem Eugene O’Neills
Mourning Becomes Electra im Akademietheater, Paul Osborns On Borrowed
Time im Volkstheater und William Saroyans Time of Your Life im Theater in der
Josefstadt. Auch Letzterem war nur mäßiger Erfolg beschieden; Lothar wies
darauf hin, dass man bei der Stückauswahl zumindest ein wenig den Geschmack
des lokalen Publikums berücksichtigen müsse und ihm nicht laufend Stücke
präsentieren dürfe, die es als ihm aufgezwungen und fremd empfinde.35 Die
österreichische Presse stand »dem hohen Anteil ausländischer Bühnenwerke
an Österreichs Sprechtheatern« 36 nicht unbedingt freund lich gegenüber, sie sah
»in der totalen Überfremdung unseres Theaters eine kulturelle Würdelosigkeit
und künstlerische Bankrotterklärung« 37, noch mehr solcher Stücke »und die
Zeitliteratur ist gerettet, das wirk liche Theater aber tot« 38.
Bei Trauer muss Elektra tragen führte Ernst Lothar selbst Regie, da er aber
amerikanischer Offizier war, nannte der Bühnenzettel Karl Eidlitz als Regis-
seur.39 Offiziell stand Lothar der Aufführung als »Berater in Regiefragen« zur
Verfügung, und es gelang ihm auch, Helene Thimig sowohl für diese Auffüh-
rung als auch für eine längerfristige Tätigkeit am Burgtheater zu gewinnen.40
32 Otto Karner: Kulturpolitische Rahmenbedingungen in Österreich am Beginn der Zweiten
Republik, S. 41.
33 Oliver Rathkolb: Ernst Lothar, S. 291.
34 Vgl. dazu u. a. Peter Roessler: Studien zur Auseinandersetzung mit Faschismus und Krieg im
österreichischen Drama der Nachkriegszeit und der 50er Jahre, S. 56 und Otto Karner: Kultur-
politische Rahmenbedingungen in Österreich am Beginn der Zweiten Republik, S. 56; vgl. auch
Tagblatt am Montag, 10. und 17. 11. 1947, S. 7.
35 Reinhold Wagnleitner: Coca- Coloniza
tion and the Cold War, S. 169.
36 Otto Karner: Kulturpolitische Rahmenbedingungen in Österreich am Beginn der Zweiten
Republik, S. 42.
37 Die Presse, 8. 2. 1947.
38 Ebd., 23. 2. 1946.
39 Brief von EL an Friedrich Torberg. [Wien,] 3. November 1946. WBR, ZPH 588.
40 Vgl. auch Brief von Leopold Figl an EL. Wien, 24. Oktober 1946. WBR, ZPH 922a.
»Als Allgewaltiger in Wien«: Amerikanischer Kulturoffizier 249
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Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478