Seite - 294 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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Sprachen das alleinige Verlagsrecht an der Zeugin. Aufagenhöhe, Ausstattung
etc. waren Sache des Verlegers, Erscheinungstermin war das Frühjahr 1951.5
Mit den Kürzungen und Korrekturen der Zeugin wurde Lothar Ende Januar
1951 fertig,6 das Pariser Tagebuch einer Wienerin, »ein Stück aufwühlender Zeit-
geschichte« 7, konnte in Druck gehen.8 Bei Rudolf Holzer, der das Buch für die
Wiener Zeitung rezensierte, bedankte sich Lothar für die »herzenswarme Beurtei-
lung«.9 Volksstimme-
Redakteurin Hilde Röder, die Lothars »Frankreich-
Roman«
neben jenen von Fritz Habeck (Das Boot kommt nach Mitternacht), Hermann
Schreiber (Sturz in die Nacht) und Anna Seghers (Transit) bespricht, kritisiert,
dass der von Lothar gewählte »Jungmädchenstil«, »der eine fache Anschau-
ungsart von Menschen und Ereignissen bedingt«, »auf die Dauer des dicken
Buches […] viel zu dünn« sei, Die Zeugin »einen sehr begrenzten Ausschnitt
aus dem Frankreich des vergangenen Krieges« vermittle und nur für ein Publi-
kum, »das sich gerne mit Illusionen begnügt«, einen »wirkungsvoll gebauten
Roman« darstelle.10 Auch die Arbeiter- Zeitung schränkt ihr Lob (»ein ganz
ausgezeichnet geschriebener, spannender, packender Zeitroman eines Meisters
der Schilderung«) ein, indem sie von dem Buch als einem Roman »eines Ken-
ners der Dinge und Menschen innerhalb seines Horizonts« spricht (»jener Art
Umgebung, deren Sprache und Denken eine Mischung aus bagatellisierender
Nonchalance und Sacré- Coeur- Erziehung ist«).11
Als Die Zeugin erschien, hatte Lothar sein Romanprojekt Verwandlung durch
Liebe, zu dem ihm die Idee während seines Londonaufenthalts Anfang 1949
gekommen war, so gut wie abgeschlossen. Verwandlung durch Liebe sollte den
»tapferen Lebenskampf einer unheroischen Heldin des Alltags« 12 schildern:
Marianne Josefa Erdlehner, Gastwirtstochter aus Badgastein, als Ordina-
tionsgehilfin eines Frauenarztes zu Unrecht »wegen Mitschuld am Verbrechen
der Abtreibung einer fremden Leibesfrucht zur Strafe des schweren Kerkers
5 Der Roman wurde unter dem Titel Die Zeugin. Tagebuchblätter einer Wienerin in Paris im ersten
Halbjahr 1951 in der Wiener Weltpresse abgedruckt, das Schlusskapitel in der Weihnachtsausgabe
der Arbeiter-
Zeitung (EL: Ich täte es wieder. In: Arbeiter-
Zeitung (Beilage), 24. 12. 1950, S. III).
6 Vgl. Brief von EL an AG. Zürich, 24. Januar 1951. WBR, ZPH 922a.
7 Forum, 1 (1954), S. 20 und 24.
8 EL: Die Zeugin. Pariser Tagebuch einer Wienerin. Wien: Danubia-
Verlag 1951. 579 S.
9 Brief von EL an Rudolf Holzer. Badgastein, 2. Juli 1951. WBR, H. I. N. 176280.
10 Hilde Röder: Vier Romane in Frankreich. Ernst Lothar: Die Zeugin. Roman. Danubia-
Verlag,
Wien 1951. In: Tagebuch, 13. 10. 1951.
11 Arbeiter- Zeitung, 1. 6. 1951, S. 5.
12 Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20.
Jahrhundert. Bd. 1, S. 432.
1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der
unerbittlichste«294
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478