Seite - 354 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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stolz auf mich ist, vergeht fast kein Tag, wo er mir mit Nennung meines Namens
nicht neue Feinde macht.« 112 Tatsäch lich fanden es einige befremd lich, dass
Lothar Theaterkritiken über Aufführungen des Burgtheaters verfasste, obwohl
er eine Pension von dem Haus erhielt und seine Frau dort nach wie vor auftrat.113
Mit seinem Eintritt in die Express- Redak
tion zusammen fiel der Abschluss
eines seit drei Jahren laufenden Vorhabens. Ernst Haeusserman hatte Lothar
im Frühjahr 1960 wissen lassen, dass der Fischer Verlag eine Dramatisierung
der Schnitzler’schen Novelle Lieutenant Gustl durch ihn »brennend« wolle, auch
würden sich ihm damit »auf der Bühne und im Film große Chancen« bieten.114
Haeusserman schlug vor, dass Lothar die Bearbeitung nach eigenem »Szena-
rium« vornehme und im Untertitel darauf hinweise, dass sie »nach Motiven der
gleichnamigen Novelle von Arthur Schnitzler« aufgebaut sei.115 Lothar verein-
barte daraufhin ein Treffen mit Heinrich Schnitzler, um zu »sehen, ob das die
Mühe lohnen könnte, die es machen würde« 116. Er setzte sich auch mit dem
Zweiten Präsidenten des Kuratoriums des Dorotheums, dem Oberstleutnant
a. D. Josef Seifert, in Verbindung, um für seine Leutnant Gustl- Dramatisierung
Auskunft über den »Ablauf eines ehrenrät
lichen Verfahrens für einen Oberoffi-
zier (Leutnant) der alten k. u. k. Armee um die Jahrhundertwende« zu erhalten.
Sechs Fragen beantwortete Seifert ihm zu dem Regiment der Deutschmeister,
dem Ehrenrat, dem Verlust der Charge, der schrift
lichen Berufung beim Kom-
mandanten, über den Berufungsehrenrat und dessen Beschlussmuster sowie über
die Verletzung der Standesehre. Er machte ihn auch darauf aufmerksam, dass er
bei seiner Bearbeitung der Novelle bezüg lich »mancher Dinge eine besondere
dichterische Lizenz« 117 benötigen werde.
Ende 1960 scheint Lothar seine Dramatisierung fertiggestellt zu haben,118
hatte also die Arbeit, die ihm seit 1953 im Kopf herumschwirrte und für die er
112 Brief von EL an AG. Wien, 16. Januar 1963. WBR, ZPH 922a.
113 Vgl. dazu Brief von Curt Riess an AG. Scheuren auf der Forch, 28. April 1964. a. a. O.
114 Vgl. Brief von EL an AG. Wien, 13. April 1960; Brief von Ernst Haeusserman an EL. Wien,
24. Juni 1960. a. a. O.
115 Vgl. Brief von EL an AG. Wien, 17. April 1960. a. a. O.
116 Brief von EL an AG. Wien, 15. April 1960. a. a. O.
117 Vgl. Briefe von Josef Seifert an EL. Wien, 9. Juni (mit Beilage über Ehrenrat für Oberoffiziere)
und 17. Juni 1960. a. a. O.
118 Vgl. Brief von EL an Ernst Benedikt. Salzburg- Morzg, 16. Juli 1961. WBR, H. I. N. 186936.
Siehe auch Brief von EL an AG. Wien, 2. November 1960. WBR, ZPH 922a. – Anscheinend
reichte Lothar seine Bearbeitung bei einem (Dramatiker-)Wettbewerb ein. Es gab 700 Ein-
reichungen; nach der von Dramaturgen vorgenommenen Sichtung kamen 140 in die nähere
1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes
gelten«354
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478