Seite - 371 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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werden zu lassen«, hätten den Regisseur Lothar ausgezeichnet, »das Einbeziehen
der Zeit in all ihren Erscheinungsformen« den Autor Lothar.210 Als Theaterkriti-
ker sei sein »Seltenheitswert zuerst in Erscheinung getreten«: »[E]in Kritiker ganz
ohne Bosheit, wenn auch keineswegs ohne Strenge, ganz ohne Überheb
lichkeit,
ganz ohne apodiktisches Praejudicium.« 211
Er sei »ein durch und durch österreichischer Repräsentant des geistigen
Lebens« gewesen, »das er bereicherte, in dem er als markante Persön
lichkeit
gewirkt hat, bis zu seinem Tod an allem anteilnehmend, was sich in Österreich
und seinem Kulturleben begab« 212. Obwohl er sich schon vor Jahren aus der
Öffent lichkeit zurückgezogen gehabt hatte, habe man gewusst, »er war, auch
in seiner Zurückgezogenheit, da, der Österreicher, der Zeuge und der gerechte
Richter« 213, wobei speziell Lothars »ganz und gar nicht etwa engstirnig provin-
zielle[s], sondern sehr europäische[s], weltoffene[s] Österreichertum« hervor-
gehoben wurde:
Ernst Lothar zählt zu den letzten jener dahinsterbenden Genera
tion, die das alte
Österreich- Ungarn noch bewußt erlebt und im Ersten Weltkrieg verteidigt hat und
für die es eine Selbstüberwindung bedeutete, sich zur Ersten und später zur Zweiten
Republik zu bekennen; sein Weg vom Dragoner- Oberleutnant bis zum Ehrenmitglied
des Burgtheaters war kein bequemer; er ist ihn stets aufrecht gegangen. Österreich
ist um einen bedeutenden Menschen ärmer.214
Die Trauerfeier für Ernst Lothar fand am 6. November, eine Woche nach seinem
Tod, um 14.30 Uhr im Burgtheater statt,215 sein Sarg wurde zunächst auf der
Feststiege aufgebahrt, dann ein Mal rund um das Theater getragen. Anschlie-
ßend wurde der Verstorbene in einem Ehrengrab der Stadt Wien auf dem
Zentralfriedhof beigesetzt,216 der Trauergottesdienst war für den 12. November
210 Ebd.
211 Das behauptete Carl Zuckmayer vier Jahre vor Lothars Tod (Süddeutsche Zeitung, 23. 10. 1970,
S. 12).
212 Arbeiter- Zeitung, 31. 10. 1974.
213 Die Presse, 31.10./1.11. 1974, S. 7.
214 Die Furche, 9. 11. 1974, S. 12.
215 Der Bildhauer Wander Bertoni nahm eine Totenmaske von Ernst Lothar ab, ein Exemplar
befindet sich im Vorraum der Foyer-
Galerie des Burgtheaters (vgl. Die Kunstdenkmäler
Österreichs, S. 315), eines in Lothars Nachlass (WBR, ZPH 922a).
216 Gruppe 32 C, Nummer 37. – Vgl. auch die vom Österreichischen Bundestheaterverband, der
Direk
tion und den Mitgliedern des Burgtheaters verfasste Todesanzeige Ernst Lothars. ÖNB,
Der letzte Vorhang 371
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Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478