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Biographische Notizen
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Nach Beethovens und Schuberts Tod wirkten keine groĂźen Komponisten in Wien. Selbst die Nennung
dieser beiden Namen täuscht: Beethoven war seit Jahren verstummt, hatte sich in eine selbst gewählte
Immigration zurückgezogen, Schubert war öffentlich fast nie präsent gewesen, seine Lieder und Kammer-
musik waren dem häuslichen Salon vorbehalten und fanden erst langsam Eingang in das Konzertreper-
toire. An der Oper spielte man Auber, Meyerbeer, Bellini, Rossini und Donizetti, fallweise Weber, Wien
wurde von Virtuosen wie Paganini und Liszt besucht, bedeutende Orchesterkompositionen entstanden
anderswo. Ein Kompositionswettbewerb sah eine Lachnersche Sinfonie als Sieger, Thalberg und Mosche-
les beherrschten die Konzertpodien, großteils mit ihren eigenen, heute längst vergessenen Solistenwerken.
Somit waren Lanner und StrauĂź die bedeutendsten aus Wien stammenden und in Wien lebenden Or-
chesterkomponisten. Die erst Anfang des 20. Jahrhunderts vorgenommene Trennung in ernste und unter-
haltende Musik hätte einen Konzertbesucher im Wien der Dreißigerjahre des 19. Jahrhunderts erstaunt:
Man besuchte ebenso selbstverständlich eine der zahlreichen „Abendunterhaltungen“ Lanners wie ein
Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde. Ă„sthetische Abstufungen nahm erst die Nachwelt vor.
1828 gab Paganini mehrere Konzerte in Wien, auf die Lanner mit einem Quodlibet unter Verwendung
eines Paganinischen Themas reagierte. Im gleichen Jahr heiratete Lanner, die Ehe verlief allerdings wenig
glĂĽcklich, 1836 trennte sich das Paar (Parallelen zum Familienleben StrauĂź Vaters sind unĂĽbersehbar), die
Ehe wurde erst knapp vor Lanners Tod geschieden.
1829 wurde Lanner zum Musikdirektor der k.k. Redouten-Säle ernannt. Neben der musikalischen Betreu-
ung der zahllosen Ballveranstaltungen etablierte Lanner eine rege Konzerttätigkeit, er profilierte sich als
Orchesterleiter, der in seinen Programmen neben eigenen Werken immer wieder populäre Ouvertüren
und Opernpotpourris darbot. Seine Veranstaltungen wurden groß angekündigt und häufig auch bespro-
chen. Lanner war, neben StrauĂź, ein Zugpferd fĂĽr jeden Lokalbesitzer, ein Garant fĂĽr volles Haus und
gute Einnahmen.
1833 ĂĽbernahm Lanner eine weitere Aufgabe: er wurde zum Kapellmeister des Zweiten BĂĽrgerregiments
ernannt (Kapellmeister des Ersten BĂĽrgerregiments war bereits Johann StrauĂź). Die Musikcorps der BĂĽr-
gerregimenter ebenso wie die der regulären Armee hatten wichtige Aufgaben: sie gaben häufig eigene
Konzerte mit Bearbeitungen populärer Werke, sie nahmen aber auch an Ballveranstaltungen teil, bei
denen sie in einem separaten Saal neben dem eigentlichen Tanzorchester aufspielten.
Im gleichen Jahr komponierte Lanner für das Josephstädter Theater die Musik zur Pantomime „Policinello’s
Entstehung“ von Raab. Die Aufnahme war kühl, die Pantomime als Form galt als veraltet, die Erwartun-
gen an Lanner waren hoch gewesen.
1834 begann ein neuer Abschnitt im Leben Lanners: erstmals verließ er Wien für größere Gastspiele in
anderen Städten der Monarchie. Wuchs sich eine Tournee zu einer mehrwöchigen Abwesenheit von Wien
aus, so suchte Lanner die Reise in die Herbstzeit zu legen, wenn die Freiluftveranstaltungen beendet wa-
ren, die Karnevalssaison in Wien noch nicht begonnen hatte.
Hatte StrauĂź zuweilen Schwierigkeiten, nach seiner RĂĽckkehr in Wien erneut FuĂź zu fassen, so blieb
die Hauptstadt der Monarchie für Lanner stets die zentrale Wirkungsstätte. 1835 wurde sein Sohn Au-
gustin Joseph (später verkürzt August genannt) geboren, der sein Nachfolger werden sollte, aber bereits
mit knapp zwanzig Jahren starb. Mitten im Fasching 1835 verstarb Kaiser Franz I., fĂĽr mehrere Wochen
herrschte Hoftrauer, öffentliche Veranstaltungen waren untersagt. Im Sommer präsentierte Lanner neu-
este Kompositionen.
1836 brachte die endgültige Trennung von seiner Gattin, Lanner bezog ein eigenes Quartier. Sein öffent-
liches Wirken in Wien wurde durch eine besondere Ehrung gewĂĽrdigt, Lanner wurde BĂĽrger der Stadt
Wien. Im FrĂĽhjahr arbeitete er erneut fĂĽr das Theater in der Josefstadt, sein einziges abendfĂĽllendes
Theaterstück, „Der Preis einer Lebensstunde“, ein Märchen von Carl Meisl, wurde am 22. April 1836
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang