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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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30 Joseph Lanner – Leben und Werk Neben den Hoftänzen – typisch das Menuett, das mannigfache Transformationen erlebte und stilisiert Eingang in die klassische Sinfonie fand – finden sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Nach- richten über verschiedene Tänze, als deren Oberbegriff der „Deutsche“ genannt wird. Allerdings können Bezeichnungen lokal unterschiedlich gebraucht werden, resümierend darf festgehalten werden, dass der „Deutsche“ sowohl das „Walzen“ (aus dem sich später der Walzer als eigenständige Tanzform entwickelte) als auch das „Ländlerische Tanzen“ umfasste73. Im Lauf der Jahre verschmolzen die Begriffe „Deutscher“ und „Walzer“. Charakteristisch war die allmähliche Beschleunigung hin zu einem wilden Drehen, welche zahllose missbilligende Reaktionen hervorrief74. Neben der Unschicklichkeit des ungezügelten Treibens (das rasche Drehen erforderte eine enge körperliche Berührung der Tänzer) wurde die gesundheitsschäd- liche Wirkung dieses beliebten Modetanzes beklagt. Die Einfachheit der Choreographie – an Stelle kom- plizierter Figuren trat eine einzige Bewegung – trugen dazu bei, den Walzer rasch zu verbreiten. In seiner raschesten, um nicht zu sagen: rasendsten Form trug er den Namen „Langaus“, dieser war es (neben dem Cotillon, siehe unten), der am stärksten Zielscheibe beißender Kritik wurde. Der Walzer regierte die Ballnacht, konnte sie alleine aber nicht bestreiten. Andere Tänze wechselten einan- der ab, mit den Jahren änderten sich die Moden. Die Grundbedürfnisse des Menschen bleiben hingegen immer gleich. Die Sehnsucht, Empfindungen in Bewegung umzusetzen, ist dem Menschen angeboren. Ähnlich verhält es sich mit der Reaktion der Beobachter: die mehrfach zitierten kritischen Äußerungen sagen mehr über die Kritiker als über die Kritisierten aus. Generationen- und Gesellschaftskonflikte sind nur mittelbar abhängig von den Zeitumständen, wie ein nachsichtiger Beobachter 1840 erkannte: „Wie man in Wien vor vierzig Jahren tanzte: Auf den öffentlichen Tanzplätzen, der Redoute und den Sälen wird nichts als Deutsch und Menuet getanzt, denn nur diese Tänze kennt und lernt die zahlreichste Classe der Einwohner, besonders aus den unteren Ständen. Die Menuets sind nun freilich ein sehr schöner Tanz, aber so ohne Anstand sind sie ein langweiliges einförmiges Herumtrippeln. Viel lebhafter, fröhlicher, aber auch – die tanzende Welt mag mir’s verzeihen – viel freier, und der Gesundheit nachtheiliger ist der deut- sche Tanz, besonders wenn er, wie es an einigen Orten gebräuchlich ist, mit jener rasenden Schnelligkeit getanzt wird, die ihm den Namen Langaus zuwege gebracht hat. Ich kann es indessen nicht läugnen, dass er ein recht angenehmes Schauspiel gewährt, besonders wenn die Musik von dem galanten Walzer auf einmal in den zwanglosen Ländlerischen einfällt. Der trödelnde schleifende Gang dieser Musik, das bald anscheinende Zögern, bald rasche Forteilen, die schmeichelnden bittenden Minortöne, die so passend mit dem fröhlichen Major abwechseln, die natürliche ungekünstelte Melodie, die sich immer nur auf zwei Grundtönen fortbewegt, jetzt durch einige Tacte wie zweifelnd und suchend in einem Tone stehen bleibt, jetzt auf einmahl rasch in einem wilden Gang einfällt: alles das zusammen genommen macht diese Tänze oder vielmehr diese Musik zu wahren Zauberharmonien, die die ganze Gesellschaft electrisch berühren und bewegen. Die Ländlerischen etwas langsam, zumal mit einer nicht gleichgültigen Person zu tanzen, heißt sich den Pfeil der Liebe recht bedächtlich in die Brust drücken, und mit vollen Zügen das süße Gift aus dem Becher der Lust trinken. Die dritte Art der Tänze, die man aber nur auf Privatbällen tanzt, sind die Anglaisen und Ecossaisen. Französische Quadrillen werden jetzt nur sehr selten getanzt. Die Erwachsenen wollen nur recht viel und recht heftig tanzen, auf Schönheit und Grazie, auf Anstand, Sittlichkeit und Ge- sundheit wird fast gar nicht gesehen. Auf vielen Bällen ist es zur Mode geworden, den sogenannten Kehraus oder den letzten Walzer mit einer Art von wildem Tanze zu schließen, an dem die ganze Gesellschaft Theil nimmt, und wozu eine eigene Musik gehört. Dieser Tänze sind mehrerlei: Galloppade u.  s.  f. Wenn sich die Gesellschaft so müde gesprungen, getobt, und geschwitzt hat, dass sie sich nicht mehr regen können, fallen sie ermattet auf die Stühle hin, und lechzen, schnaubend und erschöpft nach Ruhe und Kühlung. Und das soll ein Vergnügen seyn! Das ist der Lieblingstanz so vieler junger Mädchen; denn zur Schande des schönen Geschlechts ist die Bemerkung allgemein bestätigt, dass die Tänzerinnen viel mehr Werth auf diese wilde Belustigung legen, und auch viel länger aushalten können, als die Tänzer.“ Belustigt schließt der Verfasser Heinrich Börnstein (der Artikel erschien 1840): „Es war vor vierzig Jahren auch nicht anders.“ Und dem 73 Witzmann, a.a.O. S. 47. 74 Beispiele zitiert Witzmann a.a.O. S. 48ff.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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Titel
Joseph Lanner
Untertitel
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Autor
Wolfgang Dörner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Abmessungen
21.0 x 29.5 cm
Seiten
752
Schlagwörter
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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