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Werke
schrift, den „Hollabrunner Ländler“ op. 21 (erst 1829 ediert), der von Flatscher 1825 mit „6. Walzer“
bezeichnet wurde. Lanner selbst mischte die Bezeichnungen munter durcheinander, das Autograph
des „Blumenfest-Ländlers“ op. 23 (1828) trägt Lanners eigenhändige Aufschrift „Krapfen Waldel Länd-
ler“, das Titelblatt hingegen nennt das umgetaufte Werk „Blumen Fest Walzer“. Eine Kombination
der beiden Bezeichnungen schmĂĽckte dann die definitive Version der Druckausgabe.
d) Wechsel selbst innerhalb eines Werkes bietet z. B. der „Zauberhorn-Ländler“ op. 31 (siehe auch Einzelbespre-
chung unten). Die einzelnen Teile tragen programmatische Titel, die sowohl Ländler als auch Walzer umfassen.
e) Nicht wenige Werke werden einfach als „Tänze“ bezeichnet, was weder Ländler noch Walzer aus-
schließt. „Olymps Walzer“ op. 67 (1832) wurde in der Rezension „Olymp-Ländler“ genannt, ähnlich
erging es dem „Amoretten-Walzer“ op. 53. Zwischen Ballankündigung, Rezension und Drucklegung
konnte eine einzige Komposition mehrfach seinen Untertitel wechseln. Aus den Gattungsbezeichnun-
gen lässt sich demnach nicht zwingend auf die Werke rückschließen.
Witzmann schreibt: „In den Walzerkompositionen von Johann Strauß [Vater] und Joseph Lanner kommt
die komplizierte Art des Musizierens auch in der Notation zum Ausdruck. Es ist ĂĽberliefert, dass ihre
Kapellen nicht einfach das Metrum angaben und es unverändert wiederholten, sondern dass Lanner wie
Strauß die Tanzenden beobachteten und beide daher auf rhythmische und metrische Veränderungen, die
durch die Tanzschritte der Ausführenden entstanden, reagierten … Musik und Tänzer bilden eine Ein-
heit und beeinflussen sich gegenseitig. Die Dynamik des bäuerlichen Tanzes übersiedelt in das städtische
Tanzleben. Wien bildet in dieser Entwicklung den Ausstrahlungspunkt.“156 Diese Interaktion bestand
zweifellos, allerdings legen die Kompositionen nahe, dass eher noch die Tanzenden sich inspirieren lieĂźen
von den unterschiedlichen Charakteren und Tempi, die ihnen Lanner und StrauĂź innerhalb einer einzi-
gen Ländler- oder Walzerpartie vorlegten. „Original Oberösterreichischer Ländler“ op. 186 ist ein beredtes
Zeugnis fĂĽr die mannigfaltigen Tempomodifikationen: dauernd wechseln die einzelnen Abschnitte zwi-
schen Andantino und Allegretto. Lanners Kompositionen können als Vorlage gesehen werden, erst in der
AusfĂĽhrung entstand das Werk.
Eine Einzelbesprechung aller einschlägigen Werke Lanners würde den vorgegebenen Rahmen weit spren-
gen. Da Partiturausgaben, welche einzig aussagekräftig sind, erst spärlich vorhanden sind, musste sich der
Verfasser auf einige wenige Kompositionen beschränken, an denen charakteristische Merkmale Lanners
besonders augenfällig demonstriert werden können.
In seinen ersten Ländlerkompositionen lehnte Lanner sich einerseits an unmittelbare Vorgänger wie Pa-
mer, Pechatschek und Wilde an, entkam aber rasch den formelhaften und wenig abwechslungsreichen
Melodienketten. Durchgehende Achtelfolgen, Beschränkung auf Tonika und Dominante, spärliche dyna-
mische Anweisungen kennzeichnen etwa Pechatscheks „Zwölf Dutzend Solo-Walzer“, die 1803 im Musik-
verlag Sauer erschienen. Pamer wob Charakteristika des Steirischen und des Oberösterreichischen in seine
Ländler ein, wechselte zwischen eher melodischen Abschnitten und rhythmusbetonten.
„Neue Wiener Ländler mit Coda in G“, Lanners op. 1 liegen nur in der Klavierfassung vor, doch lässt sich
anhand des Stimmenmaterials ähnlicher Ländler aus dieser Zeit (siehe unten) ein ungefähres Klangbild
erahnen. Die sechs Nummern – jeweils zweiteilig, jeder Abschnitt ist zu wiederholen – verbleiben in den
achttaktigen Schemata und wechseln auch nicht die Tonart, wie es früh in späteren Werken geschah,
wo zumindest ein Teil in der Subdominante oder Dominante steht. Dass Lanner in seinem Titel eigens
auf die Coda hinweist ist berechtigt: sie ist mit 38 Takten recht stattlich angelegt, weicht kurzfristig
nach g-Moll und Es-Dur aus, wobei der Klaviersatz nicht verrät, ob hier mehr Lanner oder eher ein ge-
schickter Arrangeur am Werk war. Noch bringt Lanner in der Coda keine Wiederholung eines frĂĽheren
Ländlerthemas, wie es in seinen reifen Werken selbstverständlich war, sondern begnügt sich mit einer
siebentaktigen piano-Passage, die ländlerischen Tonfall mitten in das Kadenzgetümmel einschließt. Etwas
verloren wirkt der „Eingang“ vor Nr. 5, der mit zwei Akkorden Dominante-Tonika erwartbar wäre, wenn
156 Reingard Witzmann a.a.O. S. 80ff.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang