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Joseph Lanner â Leben und Werk
Titelwahl missfiel: âWarum nicht ein allgemein verstĂ€ndlicher, deutscher Name?â198 Die FĂŒlle der Melo-
dien macht Eindruck, einschrĂ€nkend wird angemerkt: â ⊠allein dennoch glauben wir demselben einen
gĂŒnstigeren Eindruck verbĂŒrgen zu können, wenn L. damit einige AbkĂŒrzungen vornĂ€hme.â199 Plastisch
wird der Höhepunkt geschildert: â ⊠Donner rollen, Blitze leuchten, vielfarbige Feuer erglĂ€nzen, drei
BÀume spalten ihr Laubwerk, und zeigen die Namensanfangbuchstaben Sr. MajestÀt des Kaisers, unsers
angebeteten innigst geliebten Landesvaters, und Ihrer MajestĂ€t der KaiserinÂ
⊠und â âGott erhalte Franz,
den Kaiserâ ertönt von dem Musikcorps!â200
Das unmittelbar danach entstandene Potpourri âMusikalische Revueâ op. 79 wartet mit KanonenschĂŒs-
sen auf, auĂerdem finden wir Angabe zu einer raffinierten Klangregie: einige BlĂ€ser werden âin der Ent-
fernungâ aufgestellt. Diese Potpourris wurden durchwegs im Freien aufgefĂŒhrt, die Klangwirkungen sind
Teil der Gesamtkonzeption.
âBlech, Holz, Stroh und Feuer. GroĂes Potpourriâ op. 102 bezieht sich in seinem Titel auf die Erfindung
eines âHolz- und Stroh-Instrumentsâ durch Joseph Gusikow. UraufgefĂŒhrt wurde es am 11. Oktober 1835,
als Solist wirkte Michael Hebenstreit (Komponist des âHusaren-Galoppsâ, siehe auch Lanner Werkver-
zeichnis op. 61/2) mit.
âDie entfesselte Phantasie oder: StĂ€dtisch und LĂ€ndlichâ op. 117 trĂ€gt in der Klavierfassung den Vermerk
âzur Erinnerung an Ferdinand Raimundâ. UraufgefĂŒhrt wurde dieses Potpourri am 23. 2. 1837 im Saal
zum âSperlâ anlĂ€sslich einer Erinnerungsfeier fĂŒr den am 6. September 1836 durch Selbstmord aus dem
Leben geschiedenen Dichter.
Ăber die erste AuffĂŒhrung von âMelodionâ op. 119 ist nichts bekannt, als es am 11. 8. 1838 bei Lanners
Konzert in Innsbruck gespielt wurde, dĂŒrfte es aber bereits Repertoire gewesen sein. Hingegen haben wir
einen Bericht ĂŒber die UrauffĂŒhrung von âMusikalische Reisebilderâ op. 121 (10. August 1836, Paradies-
garten), ein Potpourri ĂŒber Nationalmelodien. âWalzer-Fluthâ op. 129 vereint die bekanntesten Lanner-
melodien aus 20 Jahren (da das Werk 1838 entstand, sind zwanzig Jahre etwas hoch gegriffen, es sei denn,
Lanner hÀtte MelodieeinfÀlle aus seiner Jugendzeit mit verarbeitet).
Mit âNorwegische Arabeskenâ op. 145 knĂŒpft Lanner an seine frĂŒhen Bearbeitungen Paganinischer Me-
lodien an. Der norwegische Geiger Ole Bull (1810â1880), SchĂŒler von Spohr und Paganini, gastierte
1839 in Wien. Zeitgenössische Berichte rĂŒhmen seine VirtuositĂ€t, welche weit ĂŒber Paganini hinausging.
Lanners Potpourri, Bull gewidmet, dĂŒrfte spieltechnisch extrem anspruchsvoll gewesen sein. Dieses Werk,
das leider nur in der Klavierfassung erhalten ist, kann als weiterer Beleg fĂŒr das hohe technische Können
Lanners auf seinem Instrument gelten.
Es folgen âDer SoirĂ©e-Plaudererâ op. 149 (1840) und âDer SchwĂ€rmerâ op. 163 (1841). Ersteres ist nur
in der Klavierfassung erhalten, fĂŒr zweiteres hingegen existiert sowohl eine Partiturabschrift als auch
Stimmenabschriften aus dem Besitz der Kapellmeisterfamilie Pfleger. Die Partiturabschrift trÀgt als Ti-
telbezeichnung âDie SchwĂ€rmerâ, die Stimmen haben den Zusatz âeine Carnevals Nacht in Wienâ. Lan-
ner schildert auf amĂŒsante Weise eine nĂ€chtliche Tour eines âSchwĂ€rmersâ durch verschiedene TanzsĂ€le
Wiens, u. a. werden eine âBierhalleâ201, der âLichtenbergâsche Saalâ, der âSaal zum goldenen Stegâ, der
âSaal zum goldenen Straussâ, der âSaal zur goldenen Birnâ und der âSaal zum Sperlâ aufgefĂŒhrt. In all die-
sen SĂ€len spielt eine Tanzkapelle bekannte Melodien. Am Ende des StĂŒcks kehrt der SchwĂ€rmer ermattet
zurĂŒck nach Hause, wo er die âHausglockeâ lĂ€utet.
198 Theaterzeitung 25. 6. 1833.
199 Ebd.
200 Ebd.
201 Alle Lokalangaben sowie die âHausglockeâ sind in der Notenausgabe eingetragen. (Anm. d. V.)
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, TĂ€nze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂŒrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn â Werden â Sein 21
- VorlĂ€ufer â MitlĂ€ufer â Nachfolger 23
- Tanz 28
- BĂ€lle â TanzstĂ€tten â AuffĂŒhrungsorte 32
- Solisten â Ensemble â Kapelle â Orchester 39
- Akademie â AssemblĂ©e â Conversation â Piquenique â RĂ©union 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- WidmungstrÀger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen â Bibliotheken â Sammlungen 101
- FunktionalitĂ€t â Autonomie â Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik â Biedermeier 108
- Strahlender Stern â leuchtender Stern 112
- Rezension â Rezeption 113
- FlĂŒchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang