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Joseph Lanner – Leben und Werk
b. Posaunen: Der „Terpsichore-Walzer“ op. 12 ist der erste, in welchem eine Bassposaune zum Einsatz
kam. Als Instrumentenbezeichnung finden wir „Posaune“, selten „Bassposaune“, häufig „Trombone“.
Mehr als eine Posaune verwendet Lanner fast nie (Ausnahme ist die „Tarantelle“). Im Tutti koppelt
Lanner in der Regel die Posaune mit der Tuba und den Bässen.
c. Tuba: wie bei den Trompeten, kann man die Entwicklung des tiefsten Instruments innerhalb der
Posaunenfamilie bei Lanner mitverfolgen. Viele Komponisten des 19. Jahrhunderts haben lange
experimentiert, um die durch die Vergrößerung des Orchesterapparates notwendige Stärkung der
Basslinie zu erreichen. Das Kontrafagott – bei Beethoven in seiner 5. Sinfonie erstmals im Einsatz
– war zwar nur eine schwache Hilfe, doch selbst der in der Orchesterbehandlung sehr klassisch-
konservative Brahms hielt bis in allen seinen Sinfonien (mit Ausnahme der 2.) am Kontrafagott fest.
Mendelssohn versuchte es mit der Ophicleide, Schumann verzichtete auf diese wie jenes, Bruckner
setzte von vornherein auf die Basstuba, die sich damit im Orchester durchsetzte und das Kontra-
fagott zum Bassinstrument der Holzbläser machte und die Ophicleide vollends verstieß. Lanner
hatte lange kein Bassinstrument zur Verstärkung der einzelnen Posaune zur Verfügung, erstmals im
Walzer „Abschied von Pesth“ op. 95, also erst 1834, findet sich ein „Bombardon“. Wenzl Riedl hatte
in Wien eine zunächst zwölfklappige Bassophicleide erfunden und ihr den Namen Bombardon
gegeben. Dieses Instrument war ab 1833 bekannt, allerdings kaum in Verwendung, da es als zu kom-
pliziert im Erlernen galt und durch die 12 Klappen ein zu groĂźer Luftverlust beim Spielen entstand,
der den Klang, der ursprünglich als besonders stark gerühmt wurde, schwächte. Riedl modifizierte
das Instrument, das sich bald durchsetzen konnte, da es die VorzĂĽge der Bassposaunen um einen
wesentlich kräftigeren Ton ergänzte. Nemetz, der damals die Militärmusik des Regiments Prinz
Hessen-Homburg leitete und häufig gemeinsam mit Lanner bei Bällen mitwirkte, schaffte als erster
dieses Instrument fĂĽr seine Kapelle an. Es ist daher durchaus denkbar, dass Lanner auf einen Mu-
siker der Kapelle Nemetz’ zurückgreifen konnte oder seine Kapelle um einen Musiker mit diesem
neuen Instrument erweiterte.217 Durch die häufig wechselnde Bezeichnung kann nicht mit endgül-
tiger Bestimmtheit feststellen, welches Instrument um diese Zeit von Lanner verwendet wurde. In
Wien tauchte die Ophicleide, die in Frankreich bereits seit mehreren Jahren sowohl in der Oper als
auch in der Kirchenmusik in Gebrauch war, erstmals 1833 auf, die Gesellschaft der Musikfreunde
schaffte mit Unterstützung des Fürsten Lobkowitz, der zu dieser Zeit Präsident der Gesellschaft war,
ein solches Instrument an. Da die Ophicleide einerseits ein chromatisches Instrument war, als sol-
ches daher alle Passagen spielen konnte wie ein Kontrafagott, andererseits kräftig im Ton, solcherart
ideal zur Bassverstärkung, war, erhoffte man sich viel von seinem Einsatz sowohl in der Opern- als
auch Konzertliteratur, nicht zuletzt aber in Militärkapellen, da dieses Instrument leicht tragbar war,
daher auch bei Paraden und anderen Festgelegenheiten eingesetzt werden konnte.218 Erst 1837, im
Walzer „Prometheus-Funken“ op. 123 taucht das Bombardon wieder auf. Es etabliert sich zwar nicht
als Standard, kommt aber jetzt häufiger zum Einsatz. 1839, im Walzer „Liebes-Träume“ op. 150 lautet
die Stimmbezeichnung zur Abwechslung wieder „Ophicleide“. Im berühmten Walzer „Die Roman-
tiker“ op. 167 wird die Posaune durch eine Bassposaune verstärkt. In der „Cerrito-Polka“ op. 189
wird ein Eufonium gefordert, eine andere Bezeichnung fĂĽr die Bassophicleide. Heute ersetzt man
alle diese Instrumente entweder durch eine Bassposaune oder durch die Tuba, die seit 1835 aufgrund
ihrer besseren Spieltechnik und reinerer Intonation die vorgenannten Instrumente verdrängte.
3. Schlagzeug: die Fülle der von Lanner – vor allem in seinen auf äußeren Effekt ausgerichteten
Potpourris (siehe das Kapitel „Quodlibet-Potpourri“) – eingesetzten Schlaginstrumente ist schier
unfassbar. Nichts, was irgendwie Lärm machen kann, lässt Lanner aus (ob man die in einigen Pot-
pourris geforderten Kanonenschüsse und Hundegebell unter „Schlagzeug“ subsummieren mag, ist
Geschmackssache). Auf eine Auflistung wird hier verzichtet und auf die entsprechenden Besetzungs-
angaben im Werkverzeichnis verwiesen. Hier sollen nur generelle Anmerkungen ihren Platz finden.
217 Theaterzeitung 27. 8. 1833, „Das Bombardon“; zur Entwicklung von Bombardon und Ophhicleide siehe auch C. Sachs,
Reallexikon der Musikinstrumente, Berlin 31913 (Reprint 1979).
218 Ein ausfĂĽhrlicher Artikel ĂĽber die Ophicleide erschien in der Theaterzeitung am 27. 6. 1833.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang