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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Seite - 107 -
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107 Virtuosentum Höhepunkt“, die beiden hätten „noch einmal das Ideal des ausübenden und schöpferischen Künstlers“ verkörpert.277 Das Gesangsvirtuosentum der italienischen Oper des 18. Jahrhunderts war zum Selbstzweck verkommen, gegen den Gluck engagiert ankämpfte. In den Rossinischen, Bellinischen und Donizettischen Opern feierten Koloratur und Spitzentöne letzte Triumphe, vom Wiener Publikum begeistert beklatscht, wäh- rend Beethoven dieser Art Oper nur Unverständnis und Verachtung entgegenbrachte. Lanners zahlreiche Bearbeitungen der italienischen Novitäten sind Spiegel des Enthusiasmus, mit denen die Wiener Erstauf- führungen aufgenommen wurden. Instrumentales Virtuosentum zeigte sich in unterschiedlichsten Facetten: das durch Europa ziehende Wunderkind, möglichst jung (und hübsch ausstaffiert) hinterließ Spuren bis weit in das 19. Jahrhundert, das Publikumsinteresse erlahmte rasch. Geiger wie Tartini hatten immerhin der Entwicklung der Technik bedeutende Dienste erwiesen, die sich fruchtbar auch in Kompositionen niederschlugen. Liszt tat Glei- ches für das Klavier. Die negativen Auswüchse ergaben sich in erster Linie durch das Auftrittsverhalten und die rund um die Konzerte angesiedelten Reklame- und Verwertungsgeschäfte.278 Dass Paganini und Liszt ihre Instrumente perfekt beherrschten, hätte lange nicht ausgereicht, um das Publikum über einen längeren Zeitraum zu fesseln. Paganinis Konzertreisen quer durch Europa (seine Karriere dauerte nur wenige Jahre) wurden von der Presse aufmerksam beobachtet, jede noch so kleine Begebenheit (und sei es nur der Verlust einer Geldbörse) war den Journalisten einen Artikel wert. 1828 gab Paganini eine Reihe von Konzerten in Wien, welche nachhaltig Spuren bei Publikum, Rezen- senten, vor allem aber auch bei allen im weiteren Umkreis mit Musik Beschäftigten hinterließ. Nicht von ungefähr hatte Paganini Wien als erste Stadt außerhalb Italiens für Gastspiele auserkoren – und nicht zufällig blieb es bei diesem Einzelereignis. Insgesamt vierzehn Konzerte spielte er zwischen März und Juli im Redoutensaal, im Burgtheater und im Kärntnerthortheater. Sein Spiel erregte Bewunde- rung, die ganze Stadt war angesteckt von einer Hysterie, die bis ins Alltagsleben hineinreichte, aus Alltagsgegenständen Devotionalien „à la Paganini“ machte und aus Paganini selbst mehr Teufel als Mensch. Seine technischen Fähigkeiten waren unbestritten, seine künstlerischen hingegen umso mehr. Zwischen Furcht und Belustigung schwankten die Wiener in ihren Reaktionen, den romantischen Übertreibungen in den ungezählten Schilderungen deutscher Dichter279 standen sie mit gesundem Misstrauen gegenüber. Strauß und Lanner sowie zahllose ihrer Kollegen reagierten mit Bearbeitungen auf Paganinis Werke. Das berühmte Thema aus dem 2. Violinkonzert „mit dem Glöckchen“ eignete sich am ehesten und wur- de gnadenlos ausgequetscht. Künstlerisch bedeutsam waren diese Quodlibets so wenig wie die anderer Zeitgenossen, die rasch auf einen fahrenden Zug aufsprangen und ihn an der nächstbesten Haltestelle skrupellos verließen. Weit mehr als durch seine Kompositionen erregte Paganinis Selbstdarstellung auf den Konzertpodien das Interesse – furchtsame Bewunderung wie entschiedene Ablehnung inklusive – seiner Zuhörerinnen und Zuhörer. Paganini inszenierte seine Auftritte wie sein Spiel (gerne nur auf der tiefsten Saite), theatralische Effekte (Reißen der höheren Saiten) inklusive. Sein Erscheinungsbild – schlecht sitzender Frack, bleiches Gesicht, eckige Bewegungen – tat ein Übriges dazu, um das Dämonische zu unterstreichen: „… ist es ein Toter, der aus dem Grab gestiegen, ein Vampir der Violine, der uns, wo nicht das Blut aus dem Herzen, doch auf jeden Fall das Geld aus den Taschen saugt?“280 277 Honegger/Massenkeil a.a.O. Artikel „Virtuose“. 278 Siehe auch den spöttischen Artikel „Der Virtuosen-Führer“ in: Theaterzeitung, Dezember 1842. 279 U.  a. Heinrich Heine, „Florentinische Nächte“ (1837), in: Sämtliche Schriften, hrsg. Klaus Briegleb, Frankfurt/Main 1981. 280 Heine ebd.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Titel
Joseph Lanner
Untertitel
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Autor
Wolfgang Dörner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Abmessungen
21.0 x 29.5 cm
Seiten
752
Schlagwörter
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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