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MechanikerInnen anders als mit den ÄrztInnen, und die DeutschlehrerInnen
verwenden eine andere Varietät, wenn sie über das klassische Balladenjahr vor-
tragen, als wenn sie SchülerInnen maßregeln oder disziplinieren. Ein derartig
flexibles Normverständnis entspricht wohl eher dem tatsächlichen Sprachgebrauch
als ein starr an der präskriptiven Norm orientiertes Konzept.
Aufgabe des schulischen Sprachunterrichts ist es, neben der grammatisch kor-
rekten systemlinguistischen Norm auch die kommunikativen Sprachnormen im
weiteren Sinn und daher auch Varietätenkompetenz zu vermitteln. Dabei ist der
Deutschunterricht an Schulen nicht nur Deutsch- als- Muttersprache- Unterricht,
sondern auch Unterricht in der Bildungssprache, der der Entwicklung allgemeiner
Sprachkompetenzen dient, und außerdem Deutsch- als- Zweitsprache-, Deutsch-
als- Drittsprache- Unterricht. Im Schuljahr 2014/15 betrug etwa der Prozentsatz von
SchülerInnen mit anderen Erstsprachen als Deutsch an den allgemein bildenden
österreichischen Pflichtschulen 27,4 %, den Volksschulen 27,6 %, in den AHS 17,1 %
(BMB 2016). Dabei wird die Bildungssprache Deutsch natürlich nicht nur im
Deutschunterricht vermittelt, sondern in allen Fächern, denn jeder Unterricht,
auch der Physik-, Mathematik- oder Musikunterricht, ist Sprachenunterricht
(vgl. de Cillia 2013 und das Konzept des Curriculum Mehrsprachigkeit, Reich/
Krumm 2013).
Auf die Frage, welche Varietät unterrichtet werden soll, ist die Antwort von
Vertretern der Schulbehörden häufig: „Unterrichtssprache ist Hochdeutsch!“, d. h.,
die Standardsprache soll in der Schule die alleinige oder zumindest vorherrschende
Varietät sein. Die sprachliche Realität ist aber wesentlich komplexer (s. o.), auch
an den Schulen, wie schon eine Erhebung von Eva- Maria Rastner aus 1997 zu
Österreich gezeigt hat (Rastner 1997).
Rastner hat eine Umfrage zum Umgang mit den Varietäten Hochsprache –
Umgangssprache
– Dialekt und deren Verwendung unter DeutschlehrerInnen in
acht Bundesländern (n = 24, Vorarlberg wurde nicht erfasst) durchgeführt. Her-
ausgekommen sind deutliche regionale Unterschiede: Während man im Nordos-
ten Österreichs (Wien, NÖ, nördliches Burgenland) einer „gepflegten“ Umgangs-
sprache bzw. dem Standard das höchste Prestige zuspricht, ist es Rastners Daten
zufolge im Süden und Westen (Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg,
Tirol) so, dass hier der gepflegten Umgangssprache in offiziellen Gesprächs-
situationen der Vorzug gegeben wird, in informellen Situationen jedoch der
Dialekt als selbstbewusster Ausdruck regionaler Zugehörigkeit eingesetzt wird.
Die Befragten diagnostizierten auch, dass nur ein geringer Prozentsatz der Kin-
der die Standardsprache in den Unterricht als Herkunftssprache mitbringe und
dass dialektsprechende Jugendliche häufiger Schwierigkeiten beim Erlernen
des Standards hätten. Was die Bewertung der Varietäten durch die Gesellschaft
betrifft, sei die Aussage eines Lehrers aus Kärnten zitiert: „Dialekt ist wie ein
Arbeitsgewand, mieft, ist beschmutzt, abgenützt, hat Farbkleckse; Umgangs-
sprache ist legere, bequeme Alltagskleidung von Leuten, die aus dem Ärgsten
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| Theoretische Einordnung des
Forschungsgegenstandes56
Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256