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Österreichisches Deutsch macht Schule - Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
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Beim Korrigieren würde ich die Wörter, die eher in Deutschland benutzt werden, akzep- tieren, aber am Rand ihre Herkunft und hauptsächliche Verwendung dazuschreiben, FALSCH ist nur „habe gestanden“, das heißt etwas ganz Anderes. (z. B. „Gesteh, Schurke!“). Das Thema „Textkorrektur und Umgang mit sprachlichen Varianten“ war auch Gegenstand der LehrerInnen- Interviews. Dabei waren die Meinungen unter den interviewten LehrerInnen sehr vielfältig. Augenscheinlich war dies beispielsweise bei der Frage des Präteritums oder des Perfekts als Erzählzeit im Fragebogen. Es haben zwar nur etwa 40 % der LehrerInnen im Fragebogen das Perfekt korrigiert, aber in den Interviews gab die Mehrheit der LehrerInnen an, das Präteritum als Erzählzeit zu bevorzugen. Vereinzelt wurde darauf bestanden, wie das folgende Beispiel einer Lehrerin aus Oberösterreich (FO1) zeigt: Ahm da sind wir, also auch meine Kollegen sehr streng. Also während in der münd- lichen Sprache so ziemlich alles erlaubt ist, wird in der schriftlichen Sprache AUS- DRÜCKLICH Präteritum verlangt. Die Verwendung eines Artikels vor Eigennamen sowie einige Austriazismen wurden von manchen LehrerInnen ebenfalls als Fehler markiert oder zumindest unterwellt. Auf die Frage, wie man beispielsweise mit Ausdrücken wie „das Leiberl“ oder „gestern bin ich mit dem Franz ins Kino gegangen“ umgehen solle, erklärte eine Lehrerin aus Tirol (FT4), dass sie in schriftlichen Erzähltexten hinsichtlich der Verwendung von Präteritum oder Perfekt „durchgängig das Präteritum ver- langen“ und „das Leiberl“ unterwellen würde. Eine Lehrerin aus Wien (FW3) wiederum bewertete die Artikelverwendung vor Vornamen („mit dem Franz“) als Grammatikfehler, der folglich ausgebessert werden müsse. Andere LehrerInnen waren nicht dieser Meinung. Für sie waren das Perfekt als Erzählzeit, die Artikel vor Eigennamen oder Varianten wie „Leiberl“ keine Fehler, wie ein Lehrer aus Salzburg (MSa3) im Interview betonte. Er verwies darauf, dass SchülerInnen häufig nach der Klassenlektüre von Christine Nöstlinger das Perfekt und den Artikel vor Namen übernehmen würden. Es komme auf die Textsorte („erzählender Text oder argumentativer Text“) an und „wenn Kinder fabulieren sollen, ahm dann wird das eher akzeptabel sein“. Grundsätzlich, so der Salzburger Deutschlehrer, sei der Gebrauch von Austriazismen kein Problem, solange es sich um akzeptierte und auch normierte Austriazismen handle. Aus den Interviews für unsere Untersuchung kann man eine wichtige Schluss- folgerung ableiten: Viele LehrerInnen sind unsicher, was als Fehler zu gelten hat und was nicht. Das belegen die häufigen Relativierungen und die rhetorischen Widersprüche, die sich in den Statements zur Benotungsthematik finden. Die folgende Interviewpassage mit einer Lehrerin aus der Steiermark (FSt1) unter- streicht, wie schwer LehrerInnen der Umgang mit bestimmten Phänomenen des österreichischen Deutsch fallen kann: Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO. KG, WIEN KÖLN WEIMAR |  Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen174
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Österreichisches Deutsch macht Schule Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
Titel
Österreichisches Deutsch macht Schule
Untertitel
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Autoren
Rudolf de Cillia
Jutta Ransmayr
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20888-4
Abmessungen
15.5 x 23.0 cm
Seiten
266
Schlagwörter
Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
Kategorie
Lehrbücher

Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Einleitung 10
  2. 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
    1. 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
    2. 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
      1. 2.2.1 Die deutsche Sprache in Österreich 19
    3. 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
    4. 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
      1. 2.4.1 Plurizentrik 24
      2. 2.4.2 Pluriarealität 31
      3. 2.4.3 Plurizentrisch – Pluriareal? 39
    5. 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
    6. 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
    7. 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
    8. 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
  3. 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
    1. 3.1 Zentrale Fragestellungen 61
    2. 3.2 Untersuchungsdesign 63
  4. 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
    1. 4.1 Deutschlehrpläne 68
    2. 4.2 Studienpläne für die Ausbildung von DeutschlehrerInnen 72
    3. 4.3 Deutsch-Lehrwerke 75
    4. 4.4 Zusammenfassung der Lehrwerksanalysen 85
    5. 4.5 Zusammenfassung der Dokumentenanalyse 87
  5. 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
    1. 5.1 Fragebogenerhebung 89
    2. 5.2 Fragebogenerhebung: Stichprobe der LehrerInnen 93
    3. 5.3 Fragebogenerhebung: Stichprobe der SchülerInnen 103
    4. 5.4 Interviews mit LehrerInnen 114
    5. 5.5 Gruppendiskussionen 115
    6. 5.6 Teilnehmende Beobachtungen 117
  6. 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
    1. 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
      1. 6.1.1 Wie wird die Mehrheitssprache in Österreich benannt? 120
      2. 6.1.2 Mit welchen Varietäten wird österreichisches Deutsch assoziiert? 124
      3. 6.1.3 Unterschiede im Deutschen aus der Perspektive von LehrerInnen und SchülerInnen 131
      4. 6.1.4 Deutsch als plurizentrische Sprache? 135
    2. 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
      1. 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
      2. 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
      3. 6.2.3 Sprache – Identität 154
      4. 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
    3. 6.3 Korrekturverhalten 163
      1. 6.3.1 Normen und Korrektur bei schriftlicher Kommunikation im Deutschunterricht 163
      2. 6.3.2 Normen und Korrektur bei mündlicher Kommunik ation im Deutschunterricht 179
      3. 6.4 Sprachverwendung: Präferenz von Deutschlandismen/ Austriazismen 181
    4. 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
      1. 6.5.1 Thematisierung des österreichischen Deutsch im Unterricht 211
    5. 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
  7. 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
    1. 7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 221
    2. 7.2 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 227
  8. Anhang 232
  9. Literatur 237
  10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
  11. Sachregister 256
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