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und ein größeres Varianten-
Sample. Und wie schon erwähnt, haben wir bewusst eine
Reihe von Varianten in die Liste aufgenommen, von denen anzunehmen war, dass
sie nicht von allen ProbandInnen als Austriazismus wahrgenommen werden und bei
denen wir vermutet haben, dass jüngere ProbandInnen zu den Deutschlandismen
tendieren. Interessiert hat uns dabei, wie verlässlich die Angaben im Kodex zum
österreichischen Deutsch, der uns bei der Lehrbuchanalyse als lückenhaft aufgefal-
len war, sind, und ob es altersabhängige Sprachwandeltendenzen gibt, wie sie v. a.
immer wieder in Zusammenhang mit dem Medienkonsum angenommen werden.
Im Folgenden soll nun anhand einiger besonders auffälliger Beispiele diesen
Fragestellungen nachgegangen werden.
Analog zu den altersspezifischen Unterschieden im Korrekturverhalten bezüglich
Austriazismen/Deutschlandismen konnten auch bei der präferenziellen Verwen-
dung von Austriazismen/Deutschlandismen altersbedingte Unterschiede festgestellt
werden. Zu allererst soll hier das divergierende Antwortverhalten von LehrerInnen
und SchülerInnen thematisiert werden, bevor wir Bezüge zum unterschiedlichen
Antwortverhalten jüngerer und älterer LehrerInnen herstellen wollen. Im vorange-
henden Kapitel zeigte sich, dass jüngere LehrerInnen zu einer größeren Akzeptanz
von Deutschlandismen tendieren und ältere zu einer stärkeren Variantenloyali-
tät gegenüber Austriazismen neigen. Ein ähnliches Ergebnis ergab sich nun bei
den Angaben zur Variantenpräferenz: Nicht nur war die durchschnittliche Zahl
an gewählten Deutschlandismen unter den jüngeren Befragten, den SchülerInnen,
durchwegs höher als bei den LehrerInnen, sondern SchülerInnen gaben sogar mehr
Deutschlandismen (54 %) als Austriazismen (46 %) als ihre bevorzugte Variante an
(p = 0,000). Bei den Lehrenden war die Tendenz umgekehrt: LehrerInnen bevor-
zugten deutlich mehr Austriazismen (61,2 %) als Deutschlandismen (38,8 %) (p =
0,000), was wiederum die Annahme einer stärker ausgeprägten Loyalität der eigenen
Varietät gegenüber unter SprachexpertInnen und älteren ProbandInnen bestätigt:
bb. 70 61,2
38,8
46 54
0
10
20
30
40
50
60
70
% Austriazismen gewählt % Deutschlandismen gewählt
Antwortverhalten LehrerInnen/SchülerInnen:
durchschnittliche Anzahl der gewählten Varianten in %
LehrerInnen SchülerInnen
90,9
100 Beispiele häufig bevorzugter Deutschlandismen:
LehrerInnen/SchülerInnen in %
Abb. 69: Antwortverhalten LehrerInnen/SchülerInnen
Sprachverwendung: Präferenz von Deutschlandismen/Austriazismen
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256