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den östlichen Bundesländern über die Mitte Österreichs nach Westen und schließlich
nach Vorarlberg bewegen, umso eher wurden auch Deutschlandismen gewählt. Die
lehrerseitige Deutschlandismen-Präferenz nahm von 32 % im Osten auf 58 % in Vor-
arlberg graduell zu. Mit dem Effekt, dass die befragten LehrerInnen aus Vorarlberg
–
ihren eigenen Angaben zufolge – im Gegensatz zu den PädagogInnen der anderen
Bundesländer etwas mehr Deutschlandismen als Austriazismen bevorzugt haben:
bb. 78
bb. 79 68
62 59
51
42
32 38 41 49 58
0
10
20
30
40
50
60
70
80
OST (Wien, NÖ,
Bgld.) SÜDOST (Stmk.,
Kärnten) MITTE (OÖ, Slzbg) TIROL VORARLBERG
LehrerInn n:
gewählte Austriazismen und Deutschlandismen –
Unterschiede zwischen den Regionen (in %)
Austriazismen Deutschlandismen
51 47 45 37 32
49 53 55 63 68
0
20
40
60
80
OST (Wien, NÖ,
Bgld.) SÜDOST (Stmk.,
Kärnten) MITTE (OÖ,
Slzbg.) Tirol Vorarlberg
SchülerInnen: gewählte Austriazismen und
Deutschlandismen – Unterschiede zwischen den
Regionen (in %)
Austriazismen Deutschlandismen
Abb. 77: LehrerInnen: gewählte Austriazismen und Deutschlandismen – Unterschiede zwischen
den Regionen (in %)
Bei den SchülerInnen ergab sich ein gänzlich anderes Bild mit ebenfalls hoch-
signifikanten Werten (p = 0,000). Zwar nahm auch bei ihnen von Osten nach
Westen die Austriazismen- Präferenz ab und die Deutschlandismen- Präferenz
zu, jedoch in ganz anderen Ausmaßen. In den östlichen Bundesländern Wien,
Niederösterreich und Burgenland hatten die Austriazismen noch ganz knapp die
Nase vorn
– 51 % bevorzugten Austriazismen, 49 % bevorzugten Deutschlandismen.
Aber bereits ab den Mitte- und Südost- Bundesländern (Oberösterreich, Salzburg,
Steiermark, Kärnten) drehten sich die Verhältnisse um: Etwas mehr als die Hälfte
der SchülerInnen bevorzugte schon die zur Auswahl stehenden Deutschlandismen.
Dieser Trend war in Tirol und Vorarlberg noch stärker ausgeprägt: Tiroler und
Vorarlberger SchülerInnen bevorzugten mit 63 % zu 37 % bzw. mit 68 % zu 32 %
die Deutschlandismen gegenüber den Austriazismen (siehe Abb. 78 auf S. 194).
Die altersspezifischen Ergebnisse können unser Erachtens zunächst auf zweier-
lei Art interpretiert werden: Die Daten deuten auf einen altersspezifischen Sprach-
wandel in der Form hin, dass die jüngere Generation stärker zur Verwendung von
Deutschlandismen neigt. Auch innerhalb der Gruppe der LehrerInnen zeigte sich
diese Tendenz. Eine andere Interpretation der festgestellten Unterschiede ist, dass
LehrerInnen als normsetzende Instanzen im Gegensatz zu SchülerInnen mehr
zu Austriazismen tendieren, weil sie sich der Sprache bewusster sind. Die starke
Variantenloyalität gegenüber den eigennationalen Varianten, die Schmidlin (2011,
226) in ihrer Untersuchung vor allem unter Gewährspersonen aus Westösterreich
Sprachverwendung: Präferenz von Deutschlandismen/Austriazismen
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256