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ausschließlich Dialekt an, Standarddeutsch sprechen den eigenen Angaben zufolge
nur wenige LehrerInnen in der privaten Kommunikation. Genau dasselbe Ergeb-
nis brachte auch die Fragebogenerhebung, wie Abb. 84 zeigt:
bb. 84
bb. 85 14,6 4,6
11,1
im Lehrer-Schüler-Gespräch bei Gruppenarbeiten bei Referaten in der Pause
Korrektur oder Hinweis ok - lasse gelten
1,2 17,8 28,6
16,9 35,6
31,3
20,7 54
41
31,2 33,1
22,2
41,5
4,3 3,7 7,1 8,1 6,9
0
10
20
30
40
50
60
SchülerInnen KollegInnen PartnerIn Ihren Kindern Eltern Großeltern
LehrerInnen: Wie sprechen Sie mit wem?
(Mehrfachnennungen möglich) %
Dialekt Umgangssprache Standarddeutsch
Abb. 84: LehrerInnen: Wie sprechen Sie mit wem? (in %)
Die Lehrpersonen sprechen ihren Angaben im Fragebogen zufolge mit den
SchülerInnen hauptsächlich Standardsprache (41,5 %), deutlich weniger Umgangs-
sprache (20,7 %) und kaum Dialekt (1,2 %); im Gespräch mit den KollegInnen
ist die Umgangssprache (54 %) vorherrschend, und auch vom Dialekt (17,8 %)
wird wesentlich häufiger Gebrauch gemacht als im Gespräch mit den Schüle-
rInnen. Relativ selten (4,3 %) wird im Gespräch zwischen KollegInnen den Anga-
ben zufolge Standardsprache gesprochen. In familiären Privatgesprächen ist der
Gebrauch von Dialekt und Umgangssprache eher ausgewogen, und auch hier
wird eher selten die Standardsprache gesprochen.
Die angeführten Ergebnisse sind freilich mit einer Einschränkung zu versehen:
Aus den Interwiews ging hervor, dass es für die Befragten häufig schwierig ist, ihren
persönlichen „Varietäten- Mix“ im Rahmen des Dialekt- Standard- Kontinuums
einzuordnen und die verwendeten Varietäten voneinander abzugrenzen. Aussagen
zum persönlichen Sprachgebrauch im privaten Bereich waren in unseren Daten
in sich nicht immer konsistent, wie man am folgenden Beispiel einer Lehrerin
aus Wien (FW2) sieht. Danach gefragt, wie sie die Sprache bezeichnen würde, die
sie in informellen Gesprächssituationen im Alltag, mit Freunden oder Familie
spricht, war die spontane Antwort der Lehrkraft „Standardsprache“. Etwas später,
im Kontext der Unterscheidung zwischen Standardsprache, Umgangssprache und
Dialekt zog die Lehrkraft diese Aussage jedoch zurück: „Ahm. Gut, wenn ich das
jetz überleg, dann werd ich wahrscheinlich auch im/ ah in der Kommunikation
ah Umgangssprache sprechen, ja?“
Häufig schien es so zu sein, dass die Lehrenden die Varietät, die sie verwenden,
nicht klar einordnen konnten, weil sie sich permanent zwischen Umgangssprache,
Dialekt
– Umgangssprache – Standard?
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Österreichisches Deutsch macht Schule
Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF)
- Titel
- Österreichisches Deutsch macht Schule
- Untertitel
- Bildung und Deutschunterricht im Spannungsfeld von sprachlicher Variation und Norm
- Autoren
- Rudolf de Cillia
- Jutta Ransmayr
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20888-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 266
- Schlagwörter
- Austriacism, teaching German, dialect, Austria, Austrian German, Austriazismus, Deutschunterricht, Dialekt, Lehrbücher, Lehrpläne, Österreich, Österreichisches Deutsch, Plurizentrik, Pluriarealität, Spracheinstellungen, Sprachnormen, Standardsprache
- Kategorie
- Lehrbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 10
- 2 Theoretische Einordnung des Forschungsgegenstandes Innere Mehrsprachigkeit – sprachliche Variation – Sprach/en/unterricht 14
- 2.1 (Innersprachliche) Mehrsprachigkeit und sprachliche Variation 14
- 2.2 Status und Rolle/Funktion der deutschen Sprache in den deutschsprachigen Ländern/Regionen 16
- 2.3 Sprachliche Variation und deutsche Sprache 21
- 2.4 Konzeptualisierungen der Variation im Standarddeutschen 24
- 2.5 Sprachliche Variation der deutschen Sprache in Österreich 46
- 2.6 Sprachnorm und Sprachenunterricht 52
- 2.7 Forschungslage zum österreichischen Deutsch als Unterrichts- sprache und ExpertInnenbefragung 57
- 2.7.1 Forschungslücken/Forschungsfragen 59
- 3 Forschungsfragen und Untersuchungsdesign 61
- 4 Analyse von unterrichtsrelevanten Dokumenten (Lehrpläne, Studienpläne, Lehrbücher) 68
- 5 Empirische Erhebung bei LehrerInnen und SchülerInnenan österreichischen Schulen Beschreibung der Daten 89
- 6 Ergebnisse der empirischen Erhebung an Schulen 120
- 6.1 Konzeptualisierung der Variation des Deutschen in Österreich 120
- 6.2 Spracheinstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen 144
- 6.2.1 Korrektheit des österreichischen Deutsch 144
- 6.2.2 Einstellungen gegenüber dem österreichischen, deutschen und Schweizer Standarddeutsch: Polaritätsprofile 152
- 6.2.3 Sprache – Identität 154
- 6.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse zu den Einstellungen gegenüber den Varietäten des Deutschen unter LehrerInnen und SchülerInnen 161
- 6.3 Korrekturverhalten 163
- 6.5 Dialekt – Umgangssprache – Standard? Angaben zum Varietätengebrauch innerhalb und außerhalb der Schule 198
- 6.6 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhebung an den Schulen 215
- 7 Schlussbetrachtung und Ausblick 221
- Anhang 232
- Literatur 237
- Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 252
- Sachregister 256