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WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
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34 Der Totenbrauch Der Todtensarg ist aus weichem Holze verfertigt, und mit Farbe angestrichen, letzteres nur bei ganz Armen nicht; der Sargdeckel mit einem verschiedenfarbigen Kreuze, in neuerer Zeit auch zuweilen mit einem kleinen aus Messing geschlagenen Kruzifix und anderen Verzierungen aus Messing […]. [Der Tote] wird zur Regel auf Hobelspäne gebettet, und mit einer Leichenhülle, dann mit Brettern bedeckt, welche Hülle beim Schließen des Sarges noch nach allen Seiten über derselben hinausragt und über den unteren Theil hinabhängt. (Pfarrchronik Schäffern 1880, S. 312ff.) Die Arbeit des Sargtischlers erforderte jederzeitige Verfügbarkeit, rasche Herstellung sowie passende Sarggröße und Anlieferung. Um 1900 war der Sargtischler in Neustift am Alpenwald gleichzeitig der „Båder“, woran heute noch der Vulgoname Båder-Peterl erinnert. Bevor der Verstorbene aus dem Haus getragen wurde, sprach ein im Dorf oder in der Gemeinschaft anerkannter Vorbeter den traditionellen, dem Verstorbenen entsprechenden „Beurlaubungsspruch“44, wovon auch Pfarrer Schänzl berichtet: Eine von Anwesenden hält mitunter an die Leidtragenden eine kurze Trauerrede, nimmt im Namen des Verstorbenen Abschied von allen Verwandten und Nachbarn, bittet auch im Namen des Verstorbe- nen um Verzeihung über alle etwaigen Beleidigungen, dankt auch für alle erwiesenen nachbarlichen Freundschaftsdienste, und empfiehlt das Verstorbene dem Gebethe und frommem Gedenken aller Nach- barn und Verwandten. Reichliche Thränen fließen bei solcher Anrede, darauf wird der Todtensarg zu- genagelt, und die Leiche in „Gotts Nam“, in Gottes Namen, von der Stube hinausgetragen. Hiebei wird bei der Stubenthür mit dem Sarge 3mal an den Thürpfosten gestoßen, und dazu gesprochen: „Pfüat di Gott, Haus! I muaß hiazt hinaus, Muaß in den Friedhof ’nein, Gott wird dir gnädig sein. Bethet für mich, Gelobt sei Jesus Christus.“ (Pfarrchronik Schäffern 1880, S. 312ff.) Hundert Jahre später wurde der Sarg von den Trägern an der Türschwelle des Sterbehauses ebenso angehalten und dabei vom Vorbeter, stellvertretend für den Verstorbenen, der „Abschied“ gesprochen: Meine Lieben! Jetzt geh i fort von euch, für immer in Gottes Namen, Und nimm a Abschied von euch allen mitsammen. Pfiat di Gott, mei liaber Ehemann [Ehefrau], ich danke dir für deine Liab, Für deine Treu, für deine Müh und deinen Fleiß. Du bist in schönen aber auch harten und schweren Tagen Treu an meiner Seite gestanden. So sage ich dir heute ein letztes Mal: Vergelt dir ’s Gott dafür! Pfiat euch Gott meine liabn Kinder, Pfiat euch Gott meine liabn Enkelkinder, Pfiat euch Gott meine liabn Geschwister, Schwäger und Schwägerinnen. Pfiat euch Gott all meine Gödenleut, All meine Freund’, all meine Nachbarsleut’. Auch sage ich vergelt ’s Gott euch für Speis und Trank, für alle Liab und Sorg, Die ich in meinen kranken Tagen von euch empfangen hab. Pfiat di Gott mei Haus, in dem ich in Gottes Gnade wohnen durfte Und in das ich nun nicht mehr kehre zurück. Meinen Kindern und allen, die in diesem Hause bleiben und wohnen werden, 44 Robert Weißenhofer: „Nun folgt die fast in ganz Niederösterreich in gleicher Weise übliche, echt volksthümliche und tief er- greifende Ceremonie des ,Abbittens‘ oder ,Urlaubnehmens‘ des Todten. Der Vorbeter oder aber der ,Bauerntischler‘, welcher den Sarg anfertigt, stellt sich neben denselben hin und hält im Namen des Todten folgende Ansprache: ,Gelobt sei Jesus Christus! Hiazt pfiat eng Alle Gott beinander; muaß eng heunt verlassn …‘“ In: Die österreichisch-ungarische Monarchie, Band Niederösterreich, Wien 1888, S. 240. Siehe beiliegende CD I, track 1; CD II, track 1; CD III, track 1 und track 33.
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Abkürzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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