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Der
Nachlass | 35
mie der Künste in Ost-Berlin und die Akademie der Künste in West-Berlin
umwarben seine dritte Ehefrau und Witwe, Elisabeth Neumann-Viertel. Sie
entschied sich aber am 1. Juli 1965 dafür, einen Teil von Berthold Viertels Wer-
ken dem Deutschen Literaturarchiv Marbach als Depositum zu übergeben,
nachdem ihr der Gründungsdirektor Bernhard Zeller Mitte April ein Angebot
gemacht hatte.77
Obwohl es also bisher zu keiner »Renaissance« oder besser gesagt »Naissance«
von Viertels Werk gekommen war, wurde seine persönliche Hinterlassenschaft
doch als »wichtig genug« eingestuft, um in einem bedeutenden kulturellen Ge-
dächtnis-Speicher aufgenommen zu werden. Berthold Viertels »Nachlass« stellt
damit insofern einen »Idealfall« dar, verglichen mit der überwältigenden Mehr-
zahl von Personen, die nichts oder kaum etwas hinterließen oder deren Materi-
alien nicht aufbewahrt wurden.78 Das Deutsche Literaturarchiv war damals
binnen weniger Jahre zu einer international renommierten Institution geworden
und zog vor allem Nachlässe von ExilschriftstellerInnen an. Berthold Viertel
hatte sich als deutscher Kulturschaffender79 verstanden und sein Nachlass sollte
einen Platz an der Seite von Freunden und Kollegen wie Hermann Broch, Wal-
ter Hasenclever und Carl Zuckmayer finden.
Friedrich Pfäfflin, damals Mitarbeiter des Kösel-Verlages,80 hatte den Kon-
takt nach Marbach hergestellt und schrieb sich auch ab 1976 als Leiter der
Museumsabteilung des Schiller-Nationalmuseums im Deutschen Literaturar-
chiv Marbach in die »Biografie« von Viertels Nachlass ein, indem er zahlreiche
Ausstellungen und Publikationen zu Berthold Viertel, Karl Kraus und deren
Umkreis verantwortete.81 1970 gab der Schriftsteller Gert Heidenreich Bert-
hold Viertels Schriften zum Theater heraus und 1969/70 erschienen zudem die
Erinnerungen von Berthold Viertels zweiter Ehefrau Salka Viertel in deutscher
und englischer Sprache.82 Ihr Buch war kein großer Erfolg, was vor allem daran
lag, dass es kein »Gossip-Book« über berühmte FreundInnen wie etwa Greta
77 Konvolut der Korrespondenz um Berthold Viertels Nachlass, 1965–1978, NK20, A : Viertel, DLA.
Vier Jahre später übergab Neumann-Viertel auch den Briefbestand, der bald von Viertels vorheriger
Ehefrau Salka Viertel ergänzt werden sollte.
78 Etzemüller, Biographien, 2012, 81–91.
79 BV, o. T. [1944], o.S., K24, A : Viertel, DLA und andere Texte im Nachlass.
80 Berthold Viertel (1885–1953). Eine Dokumentation zusammengestellt von Friedrich Pfäfflin, Son-
derheft der Nachrichten aus dem Kösel-Verlag, München 1969.
81 Vgl. Friedrich Pfäfflins Publikationen im Wallstein Verlag und in der Bibliothek Janowitz.
82 Viertel, Salka, The Kindness of Strangers, New York u.a. 1969 ; Viertel, Salka, Das unbelehrbare
Herz. Ein Leben mit Stars und Dichtern des 20. Jahrhunderts, Hamburg 1970. 1979 erschien au-
ßerdem noch eine gekürzte deutsche Taschenbuchausgabe unter dem gleichen Titel bei Rowohlt.
Berthold Viertel
Eine Biografie der Wiener Moderne
- Titel
- Berthold Viertel
- Untertitel
- Eine Biografie der Wiener Moderne
- Autor
- Katharina Prager
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20832-7
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 368
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Ein chronologischer Überblick 7
- Einleitend 19
- 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
- 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
- Moderne in Wien 99
- Monarchisches Gefühl 118
- Galizien 129
- Jüdisches Wien 139
- Katholische Dienstmädchen 150
- Deutsche Kultur 161
- Luegers Wien 173
- Mitschüler Hitler 184
- Jugendliche Kulturanarchisten 196
- Familie Adler 209
- Studium 228
- Sexuelle Emancipation 245
- Karl Kraus 268
- Theater 291
- Erster Weltkrieg 310
- Nachsatz 333
- Archivalien 336
- Dank 342
- Literaturverzeichnis 344
- Bildnachweis 358
- Personenregister 359