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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Außerhalb  Österreichs  –  Die  Entstehung  des  autobiografischen  Projekts |  49 Krankheit und Zerstörung suchte Viertel Zugehörigkeit, aber als Wiener Intel- lektuellem und Leutnant der österreichisch-ungarischen Armee blieb ihm die jüdische Bevölkerung an der ungarisch-galizischen Karparthenfront letztlich fremd. Dies wird in zwei Texten deutlich, die beide im Sommer 1915 entstanden. Der Essay Karl Kraus. Ein Charakter und die Zeit4, stellte die kurzfristig unter- brochene Verbindung zu Viertels wichtigstem Mentor seiner Jugendzeit wieder her und blickte auf Karl Kraus’ Wirken der vergangenen zwanzig Jahre zurück. Wien wurde darin erstmals zur »Urbs von gestern«, zur »unwiderbringlichen Vergangenheit« und Kraus zum Propheten, der ihren Untergang vorausgesehen hatte. Dabei trieb Viertel das »eigensüchtigste Interesse« an, seine eigenen Fra- gen an den Autor, »dem ich nachdachte […] in Ordnung zu bringen.«5 Zeitgleich führte Berthold Viertel ein Kriegstagebuch, das etwa 190 mit Blei- stift beschriebene Seiten umfasst.6 Es ist eine schwierige Quelle, die zwischen Selbstanalyse und Dichtung changiert, dazwischen aber auch viele Einblicke in den militärischen und zivilen Alltag bietet. Ob Viertel bereits während der Nie- derschrift an ein zukünftiges Lesepublikum dachte, ist schwer zu sagen. Seine intensive Auseinandersetzung mit den vom Krieg geweckten »unmenschlichen Instinkten« sowie mit neuen, »irrationaleren« Auffassungen von Liebe und Sexu alität, die die vorangegangene »sexuelle Emancipation« zu verabschieden scheinen, entsprechen jedenfalls vordergründig nicht den Erwartungen, die an Kriegstagebücher gestellt werden. Dennoch plante er dieses Tagebuch in den folgenden Jahrzehnten mehrfach zu publizieren und übertrug es später ins Eng- lische.7 1917 wurde Berthold Viertel nach dem Waffenstillstand an der Ostfront in Folge der russischen Oktoberrevolution vom Militärdienst freigestellt. Er kehrte nicht mehr nach Wien zurück, sondern lebte und arbeitete  – nach einem kurzen Intermezzo als Theaterkritiker und Feuilletonredakteur beim Prager Tagblatt  – fortan in Deutschland, dessen Kulturszene schon immer ein Sehnsuchtsort ge- wesen war. Hier erlebte er in Dresden und München die Novemberrevolution, die für Viertel auch aufgrund freundschaftlicher Verbindungen zu Kurt Eisner, Gustav Landauer, Ernst Toller und anderen zentraler war als die österreichi- schen Entwicklungen, und die er, im Gegensatz zu Karl Kraus, begrüßte. 4 Der Text erschien zwischen 15. März und 28. Juni 1917 in Siegfried Jacobsohns Schaubühne und 1921 bei Rudolf Kaemmerer in Dresden in Buchform. 5 BV, Karl Kraus. Ein Charakter und die Zeit, in : Ginsberg (Hg.), Dichtungen und Dokumente, 1956, 205–206. 6 BV, Kriegstagebuch [+ verschiedene Abschriften], o.D., o.S., K18, A : Viertel, DLA. 7 Zu den Bearbeitungen seiner Weltkriegserfahrung gehören auch : BV, Der Hilferuf, o.D., o.S., K10, A : Viertel, DLA und BV, Europa. Ein Drama, Sign.: 4, o.D., K09, A : Viertel, DLA.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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