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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  60  | Berthold  Viertels  Rückkehr  in  die  österreichische  Moderne dringender, nach Europa zurückzukehren, wo er doch insgesamt mehr Anerken- nung für seine künstlerische Integrität und kritische Haltung erfahren hatte. Der Tod seiner Mutter und die lebensbedrohliche Krankheit seines Vaters boten Berthold Viertel Mitte 1932 Anlass für diese Reise. Auch erhoffte er sich als Hollywoodregisseur eine gute Aufnahme in der europäischen Filmszene. Seine Schulden waren inzwischen abbezahlt, doch materielle Unabhängigkeit hatte Viertel nach Fehlinvestitionen und der Weltwirtschaftskrise von 1928 nicht er- reichen können. Im Gegenteil war das Geld bereits wieder knapp. Viele Familienangehörige und FreundInnen in Europa brauchten immer wieder finanzielle Unterstützung und die Situation in Berlin und Wien, die Viertel nun wieder mit eigenen Augen sah, wurde immer krisenhafter. Berthold Viertels Briefe des zweiten Halbjahres 1932 waren ein einziges Schwanken zwischen Europa und Amerika (bald hatte Viertel Sehnsucht nach Kalifornien), diversen Filmchancen und Theaterarbeiten (er wollte Brechts Heilige Johanna der Schlachthöfe in Wien uraufführen), dem Vorausahnen kommender Krisen und der Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm werden würde. Er pendelte zwischen Paris und London  – wo er (erfolg- los) mit Alexander Korda und durch diesen (schließlich erfolgreich) mit dem Filmkonzern Gaumont British verhandelte. Er hielt sich im Herbst und Winter lange in Berlin auf, wo er für die Robert-Neppach-Filmproduktion GmbH die Regie der Hans-Fallada-Verfilmung Kleiner Mann, was nun ? übernehmen sollte. Und er war immer wieder in Wien, wo er sich wegen seiner Diabetes behandeln ließ, Zeit mit seiner und Salka Viertels Herkunftsfamilie verbrachte und Ab- schied von seinem Vater nahm, der am 30.  Dezember 1932 verstarb. Die Stadt der Kindheit und Jugend, einst ein »kultureller Brennpunkt«, er- schien ihm verarmt, traurig, ländlich, ja mittelalterlich und er beobachtete : »Not lehrt zu Hitler beten«.33 Oft stellt der Tod der Eltern eine entscheidende biografische Schnittstelle dar und in Berthold Viertels Fall fiel diese mit einer zeithistorischen Schnittstelle zusammen, die sich Anfang 1933 bereits deutlich abzeichnete : Jenseits der ös- terreichischen Grenze drohte Deutschland »unserem [!] Hitler […] anheimzu- fallen, wie eine reife Frucht.«34 Am 14.  Jänner 1933  – etwa zwei Wochen nach dem Tod seines Vaters und zwei Wochen vor Hitlers Ernennung zum Reichskanzler  – hielt Berthold Vier- tel einen Vortrag über seine Heimkehr nach Europa im Offenbachsaal.35 Diese 33 BV, Heimkehr nach Europa, geschrieben um den 9. November 1932, 296, K19, A : Viertel, DLA. 34 BV, Heimkehr nach Europa, in : Bolbecher/Kaiser (Hg.), Viertel, Cherub, 1990, 276. 35 Heutiger Treitlhörsaal, in dem um 1930 auch Karl Kraus oft vortrug. Auffällig ist, dass Viertel hier noch von »Heimkehr« spricht.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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