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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  100  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne Adler, Ludwig von Ficker, Karl Marx, Sigmund Freud, der Secession, den Wie- ner Werkstätten und Gustav Grüner gegenüber.4 Mehr oder weniger bekannte Namen und Institutionen wurden dabei ver- mischt und auch Viertels eigene Familie in die Gegenüberstellung eingebaut. Einige Zuordnungen erscheinen auf den ersten Blick seltsam : Trotz des »revo- lutionären« Impetus der Sozialdemokratie gehörte Victor Adler für Viertel eindeutig zu den Systemerhaltern, Adolf Hitler hingegen war klar ein »zerstö- render Sohn« der Moderne. Nicht ganz nachvollziehbar ist die Positionierung von Karl Marx  – sie kann aber möglicherweise mit der Marginalisierung der kommunistischen Partei im Nachkriegsösterreich oder ihrem restaurativen Pat- riotismus erklärt werden ? Einige »Väter« und »Söhne«, die in anderen autobiografischen Texten bear- beitet wurden, wurden in den Listen vergessen  – so etwa die Wiener Autoren- gruppe »Jung Wien«, eine Organisation der Väter, oder der wesentlich ältere Dichter Peter Altenberg, der für Viertel ein »Sohn« war, der »die Auflösung der Strukturen passieren« ließ.5 In Berthold Viertels Modell gab es nicht zuletzt Doppelzugehörigkeiten und wechselnde Zugehörigkeiten zu den Gruppen der »Väter« und »Söhne«, etwa bei Karl Kraus, Franz Werfel und Otto Soyka. Einige Positionen hätten sich bei vollständiger Ausarbeitung des Projekts wahrschein- lich auch noch verändert. Wesentlich ist, dass es hier keineswegs um eine Auf- stellung der »Guten« gegen die »Bösen« ging.6 Viertel war der Meinung, dass die Teilhabe aller an den problematischen Entwicklungen mitgedacht werden musste. Trotzdem orientierte sich die Konzeption seiner Geschichte letztlich an einer relativ kleinen Gruppe gesellschaftlich einflussreicher, männlicher Akteure und erwähnte beispielsweise keine Frauennamen. Dieser Ausschluss von Frauen aus den Listen der Wirkmächtigen bildete zum einen die soziale, kulturelle und juristische Realität ab, mit der Viertel aufwuchs und die er in seine Darstellung mitnahm  – auch er dachte den Mann als Repräsentanten des Allgemein- Menschlichen. Zum anderen nahm er aber abseits der Listen durchaus wahr, dass verschiedene Frauen, die »Frauenfrage« wie auch die hierarchische Rege- lung des Geschlechterverhältnisses im Wien um 1900 Einfluss nahmen  – ent- sprechend werden im autobiografischen Projekt durchaus auch Großmütter, Mütter, Schwestern, Tanten, Dienstmädchen, die Kaiserin Elisabeth, die Frau- enrechtlerin Marie Lang und viele mehr sichtbar  –, was er aber nicht grundsätz- lich in sein Konzept einzuschreiben wusste. Ebenso schwer fiel es ihm, von seiner privilegierten Position als Teil der hegemonialen deutschen Hochkultur 4 Konzepte in : Kaiser/Roessler/Bolbecher (Hg.), Viertel, Cherub, 292–297. 5 Ganahl, Karl Kraus, 2015, 115. 6 Janik, Wittgenstein’s Vienna Revisited, 2001, 84.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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