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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Monarchisches  Gefühl |  125 dichtet, ein Volk von Völkern, die einander hassten, aber die Kaiserin liebten, die nicht ihre Kaiserin sein wollte.«35 Die »Schönheit der ewig jungfräulichen Er- scheinung, ihre Melancholie, ihr romantisches Suchen und Fliehen« habe das Gefühlsleben vieler beschäftigt, schrieb Berthold Viertel.36 Auch der Journalist Stefan Großmann bestätigte, dass »unter den feineren Köpfen ein Elisabeth- Kultus im Schwange war«37. Fotografien dieser »Idealgestalt«, deren Existenz Felix Salten zufolge »fast schon etwas Unwirkliches« hatte,38 waren überall im Umlauf. Junge Frauen, wie Berthold Viertels Mutter oder seine Kindermädchen, verehrten die schlanke, mädchen- und amazonenhafte Kaiserin »schwärme- risch« und unterwarfen sich ihrem Schönheitskult, indem sie sich bemühten, ihr ähnlich zu sein. Elisabeths »Außenseiterrolle« am kaiserlichen Hof und ihre Selbstdarstellung als Gefährdete und vor den alten Konventionen Fliehende traf den Nerv der neuen Zeit. Viertel verglich Elisabeth später mit einem anderen wirksamen »Mythos«  – jenem der in den 1930ern durch ihre Unnahbarkeit faszinierenden Filmschauspielerin Greta Garbo. In Viertels Nachlass befinden sich zwei Skizzen zu einem Film über das Leben der Kaiserin Elisabeth, die er eben im Hinblick auf eine Besetzung der Titelrolle mit Greta Garbo (aber auch mit Elisabeth Bergner) um 1937/38 in London schrieb.39 Wie die Garbo habe Elisabeth den WienerInnen »viele Rätsel zu lösen« aufgegeben : Dass sie nichts mehr zu hassen schien, als Kaiserin zu sein, konnte als ein freiheitlicher Zug ihres Charakters aufgefasst werden. […] Man sagte ihr ein Abenteuer mit einem feurigen ungarischen Aristokraten nach, nur um sie sich zu erklären. Eine unglückli- che, romantische Liebe, das brachte sie näher. Die Wiener hatten wenig Sinn für 35 BV, [Marie], in : Bolbecher/Kaiser (Hg.), Viertel, Cherub, 1990, 34. 36 BV, Konvolut Autobiographie. Österreichische Illusionen (3 Hefte), o.D., o.S., K19, A : Viertel, DLA. 37 Großmann, Stefan, Ich war begeistert. Eine Lebensgeschichte, Berlin 1931, 89. 38 Salten, Antlitz, 1908, 257. 39 BV, Outline Elisabeth, 9, o.D., K09 und BV, Drehbuch Elisabeth (Fragment), o.D., o.S., NK12, A : Viertel, DLA. Viertels Bild der Kaiserin Elisabeth hatte wenig mit dem der späteren Sissi-Filme zu tun, das  – nicht zuletzt durch die Besetzung der Rolle mit der jungen Schauspielerin Romy Schneider  – in den 1950ern die Kaiserin erstmals zu einem bis heute zugkräftigen »kulturellen Wer- beträger und Wirtschaftsfaktor« für das Österreich der Zweiten Republik machte. Vielmehr wurde bei Viertel das Bild einer freiheitsliebenden, melancholischen Außenseiterin und »tragischen Prin- zessin« gezeichnet, wie sie später die Historikerin Brigitte Hamann in ihrer Biografie Kaiserin wider Willen »wiederentdeckte«. Diese »Neubewertung« 1981 tat der Popularität des »österreichischen Nationaldenkmals« Elisabeth allerdings keinen Abbruch  – als Hauptfigur eines Musicals wurde auch die »andere« Sisi weltweit bekannt. (Stirken, Angela, Sissi  – Ein österreichisches National- denkmal, in Stiftung Haus der Geschichte (Hg.), Nachbarn, 2005, 140–143). Das Projekt wurde übrigens nach dem März 1938 ad acta gelegt  – nicht nur, weil es unmöglich geworden war, Außen- aufnahmen an den historischen Orten zu machen.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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