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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  140  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne Grundlage einer eigenen Existenz. […] Sein Geschäftsleben wurde so eine Kette von Triumphen, die eine junge Frau mit ihm teilen musste.3 Die Gründung einer Familie an die Gründung eines eigenen Geschäftes zu koppeln, war um 1900 ein »vielerprobtes soziales Manöver«.4 Im besten Fall brachte eine Heirat Anschubkapital, aber jedenfalls brachte sie eine zweite Ar- beitskraft, die nicht bezahlt werden musste. Oft wurden solche Ehen durch Heiratsvermittlung arrangiert. Ob das auch im Falle von Salomon Viertel und der jungen Angestellten Anna Klausner so war oder ob sich die beiden in ande- ren Zusammenhängen begegneten, bleibt unklar. Viertels sehr nüchterne Dich- tung der »Liebesgeschichte« der Eltern könnte deutet aber darauf hin : »Das Mädchen steht tagsüber im Geschäft, / Am Abend holt ein junger Mann sie ab. / […] / Sie selbst nicht käuflich : dies der Anbeginn. / Die Dichter hießen es den Liebesfrühling.«5 Trotz Wohnungsnot fand das junge Ehepaar bald eine erste Wohnung in der Kopernicusgasse 19, im sechsten Wiener Gemeindebezirk.6 Tatsächlich dürften die Viertels dort aber nur kurzfristig gewohnt haben. Das Matrikenamt der Is- raelitischen Kultusgemeinde Wien bestätigte Berthold Viertel im Oktober 1932 für drei Schillinge, dass er einige Gehminuten von der ersten Adresse entfernt, in der Mariahilfer Straße 96 geboren worden war, wo der Hausflur mit »fal- schem Marmor geschmückt [war], auffällig falschem Marmor« :7 3 BV, Konvolut Autobiographie. Österreichische Illusionen (3 Hefte), o.D., o.S., K19, A : Viertel, DLA. Der jüdische Angestellte oder selbstständige Geschäftsmann, der sich rasch hocharbeitete, gehörte auch ins Register antijüdischer Stereotype. Aktuelle quantitative Analysen differenzieren hier : 36,1  % der jüdischen Männer in Wien arbeiteten 1910 als Selbstständige, aber nur 14,3  % der katholischen Männer : »Auch ein niedriger Prozentsatz [katholischer Männer] bedeutet absolut eine weitaus größere Zahl als jene an Juden in diesen Berufsgruppen, einschließlich der Selbstständigen, die mit dem antijüdischen Stereotyp assoziiert waren.« (Oxaal, Ivar, Die Juden, 47–64, in : Botz u.a. (Hg.), Eine zerstörte Kultur, 2002, 62–64). 4 Stach, Frühe Jahre, 2014, 44. 5 BV, Gedichte »Mutter« in »Episch Österreich  – Die Zukunft von gestern«, o.D., o.S., K05, DLA. Ausführlicher, aber ohne inhaltliche Ergänzungen in : BV, Familie und Kindheit in Wien (grünes Heft), o.D., o.S., K19, A : Viertel, DLA. Bemerkenswert ist, dass Viertel über das Zustandekommen der Ehe seiner Eltern entweder nicht ausreichend informiert war oder absichtlich nicht offenlegte, ob es sich um ein »professionelles Arrangement« handelte. Letzteres  – die Ehe als Geschäft  – hätte grundsätzlich zu seiner Argumentation gegen die bürgerliche Ehe gepasst. 6 Unter dieser Adresse wird Salomon Viertel erstmals als Buchhalter in Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger von 1885 geführt. 7 Duplikat Geburtszeugnis Berthold Viertel, 17. Oktober 1932, K21, A : Viertel, DLA bzw. Geburts- matriken der IKG Wien, RZ 986 ; BV, Wir sind alle nette Menschen, o.D., o.S., K11, A : Viertel, DLA. Hier ist der spätere Einfluss von Karl Kraus und Adolf Loos spürbar  – vgl. Adolf Loos, Orna- ment und Verbrechen, Wien 1908.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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