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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Deutsche  Kultur |  165 men, Mähren und Österreichisch-Schlesien zurückgesetzt. Das hatte die Politisierung und nationale Emanzipation der TschechInnen zur Folge gehabt, die in Zusammenhang mit dem »Reizwort Nationalismus« auch im Österreich nach 1945 noch lange in einem schiefen Licht erschien. Die Sprache spielte eine zentrale Rolle im nationalen Selbstbewusstsein der TschechInnen, deren gebil- dete Schichten, im Gegensatz zu Berthold Viertels Darstellung, fehlerfreies Deutsch sprachen.24 Sensibilitäten im Zusammenhang mit Sprachbeherrschung zeigte sich 1897 in der heftigen Kontroverse um die Badenische Sprachverord- nung, die vor allem für deutschsprachige Beamte problematisch war, wenn sie verlangte : »Jeder im Staatsdienste Stehende in Böhmen, er sei, wer er sei, muß nach einer kurzen Übergangsphase beider Landessprachen mächtig sein.«25 Für Stefan Zweig waren die daraus entstehenden Unruhen und Krisen der »Ein- bruch der Brutalität« in die Politik.26 Berthold Viertel hingegen thematisierte diese Ereignisse nicht. Ihn interessierte in Folge mehr, dass wenig später Tsche- chInnen und Deutschsprachige »den Unterschied zwischen Deutsch und Cze- chisch zurückzustellen und sich gegen den Juden zu einigen began nen.«27 Anders als die TschechInnen hatten Jüdinnen und Juden im Wien um 1890 keine derart eindeutigen nationalen Zuordnungsmöglichkeiten. Gebildete jüdi- sche Familien waren also mit ihrem Aufstieg ins Bürgertum tendenziell der beherrschenden deutschen Kultur in ihren verschiedenen Ausformungen ver- bunden. Denn dieses »Deutschtum« erfuhr  – auch als »Werkzeug der Subver- sion« und in Kombination germanophiler und austrophiler Elemente  – um 1900 sehr unterschiedliche und oft widersprüchliche Transformationen. Im Zusammenhang mit 1848 und dem österreichischen Liberalismus stand die »deutsche Kultur« für Vernunft, Emanzipation, Fortschritt, also für die Ide- ale der Aufklärung, des deutschen Idealismus und der »Klassik«. Überhaupt war im Deutschen der Begriff »Kultur« eng mit der Selbstfindung und Selbstbe- schreibung des Bürgertums verbunden. Da die Liberalen an keine eigenständige österreichische Tradition anknüpfen konnten, lag im Kontext des Vielvölker- staats ein Zugehörigkeitsgefühl zur »deutschen Kulturnation« nahe. Denkmäler von Goethe und Schiller säumten etwa die Wiener Ringstraße.28 Solcherart war die »deutsche Kultur« des liberalen  – oft jüdischen  – Bürgertums auch weitge- 24 Bahr, Die Tschechen, in : Brix/Bruckmüller/Stekl (Hg.), Memoria Austriae I, 2004, 442–474. 25 Braese, Stefan, Eine europäische Sprache. Deutsche Sprachkultur von Juden, Göttingen 2010, 224– 232. 26 Zweig, Welt, 1992, 84. 27 BV, Konvolut Autobiographie. Österreichische Illusionen (3 Hefte), o.D., o.S., K19, A : Viertel, DLA. 28 Hanisch, Die Wiener Ringstraße, in : Brix u.a. (Hg.), Memoria Austriae I, 2004, 75–104, 83 ; Hois u.a., Gedächtnis/Erinnerung und Identität, in : Csáky u.a. (Hg.), Kultur, 2004, 215–254, 238.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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