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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  190  | Erinnerungsorte  der  Wiener  Moderne Ein »Rassestaat« lag aber im multiethnischen Territorialstaat der Habsbur- germonarchie mit ihren »Kulturen der Hybridität« um 1900 (anscheinend) oh- nehin sehr fern.29 Auch wenn »Nation« zu dieser Zeit zu einem »zentralen Be- griff« in der Politik werden musste, den Merkmale wie Territorium, Sprache, Kultur, Geschichte und zunehmend auch Ethnizität definierten, konnte er »auf- grund der mangelnden politischen Konstituierung [der Habsburgischen] Nati- onen« vorerst nur »in seiner kulturellen Dimension wahrgenommen« werden.30 Die staatliche Institution der Habsburgermonarchie umfasste »unsere Völker«. Und als »Volk« galt, entsprechend der Volksidee der deutschen Romantik, die »Gesamtheit derjenigen, die eine gemeinsame Sprache, eine gemeinsame Kultur besitzen, und die sich dessen bewußt sind.«31 Entsprechend waren es »Sprach- verordnungen, die Konflikte auslösten, und in fast allen Köpfen der Monarchie liefen die Ausgrenzungslinien entlang von Sprachgrenzen.«32 Der/die Einzelne war durch seine/ihre »Muttersprache« schon in gewisser Weise »schicksalshaft« Mitglied eines Volkes, doch noch war in Österreich-Ungarn die Möglichkeit der freien Zuordnung zu diesen »imagined communities« gegeben.33 Ein biologistischer Rassebegriff und durch ihn ideologisch aufgeladene eth- nische Kategorien begannen aber bereits andere Gesetzmäßigkeiten zu diktie- ren und beförderten das Abgleiten der »romantischen Volksidee« ins »Völki- sche«. Die deutsche Volksidee, die auch Berthold Viertel vorerst prägte, unterschied sich deutlich von einem politischen Volksbegriff, den die Französi- sche Revolution ausgeformt hatte und der das »Volk« als »Träger der Souveräni- tät« dachte.34 Viertel blieb der romantischen Volksidee lange verhaftet und oszillierte auch öfter zwischen biologistischen und kulturalistischen Haltungen. Er anerkannte nämlich, dass solch irrationalen Konzepte ihre Anziehungskraft hatten, die 29 Csáky u.a., Pluralitäten, Heterogenitäten, Differenzen, in : Csáky u.a. (Hg.), Kultur, 2004, 13–44, 19. 30 Mommsen, Hans, Sozialdemokratie und Nationalitätenfrage, in : Nautz/Vahrenkamp (Hg.), Wiener Jahrhundertwende, 1993, 747–758, 756. 31 Definition des Begriffes »Volk«, in : François/Schulze (Hg.), Deutsche Erinnerungsorte, 2001, 272– 274. 32 Konrad, Helmut, Österreichs Verhältnis zu Deutschland 1945 bis 1955, in : Stiftung Haus der Ge- schichte (Hg.), Nachbarn, 2005, 78–90, 80 ; Judson, Pieter M., Guardians of the Nation. Activists on the Language Frontiers of Imperial Austria, Cambridge 2006. 33 Anderson, Benedict, Imagined Communities, London/New York, 2006. In der weitläufigen Na- tionalismusforschung wird inzwischen hauptsächlich mit dem Konzept der Nation  – die als »ein historisch relativ junges Phänomen, das in enger Verbindung mit Prozessen der Modernisierung zu interpretieren ist«  – als »vorgestellte politische Gemeinschaft« operiert (Bader-Zaar/Gehmacher, Öffentlichkeit und Differenz, in : Gehmacher/Mesner (Hg.), Frauen- und Geschlechtergeschichte, 2003, 165–182, 173). 34 François/Schulze (Hg.), Deutsche Erinnerungsorte, 2001, 272–274.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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