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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Familie  Adler |  211 [Er] war einer der ganz Seltenen, in deren Nähe man nicht gelangen konnte, ohne durch ein Wort, einen Blick besser und wesentlicher belehrt zu werden, als auf drei Fakultäten. Victor Adler mag manchem Menschen und gewiß zuerst sich selber  – die härteste Schule bereitet haben. Seine Sachlichkeit war so streng, sein Blick drang so scharf auf das Wesentliche, dass besonders junge Leute, die sich ihm gegenüber be- währen sollten, darunter leiden konnten.16 Berthold Viertel war nicht umsonst als Freund des Sohnes in das Haus des »Vaters der Sozialdemokratie« gekommen. Im Vergleich mit seiner eigenen Fa- milie waren die Adlers weltoffen, idealistisch und liebevoll, doch für den jüngs- ten Sohn Karl waren sie eine schwierige, letztlich doch bürgerliche und patriar- chalisch strukturierte Familie. Als Nachzügler und »schönes, phantasievolles Kind«, war Karl der »Liebling« seiner Mutter Emma Adler,17 die 1890  – fünf Jahre nach seiner Geburt  – an schweren »melancholischen Gemütsdepressio- nen« erkrankte. Die Behandlung ihrer Wahnvorstellungen zog sich über drei Jahre hin.18 Ohne Emma Adlers Erkrankung in diesem Rahmen beurteilen zu können, ist klar, dass es durch sie familiäre Belastungen und lange Phasen der Abwesenheit der Mutter gab. Der sechs Jahre ältere Friedrich Adler  – in der Familie Fritz genannt  – meinte später, dass die veränderten familiären Um- stände prägend für seine eigene und Karls unterschiedliche Entwicklung gewe- sen seien : Sie sind, dass Du und Mutter für mich durch die ganze Jugend Autoritäten waren und für Karl nicht. […] Mit ›Autoritäten‹ meine ich nicht, dass ich Euch unterthan war, sondern, dass ich den tiefsten Glauben und das vollste Vertrauen zu Euren Thaten und Worten hatte. Bei Karl wurde dieser Glaube frühzeitig erschüttert, als Mutter in der ersten Zeit nach ihrer Krankheit noch nicht die ruhige Festigkeit hatte, die zum Er- ziehen gehört […]. Und der Unterschied des Vaters uns beiden gegenüber war der Unterschied der Arbeiterbewegung von heute und vor 15 Jahren. Für mich war Vater die Verkörperung alles Idealen, der Inbegriff alles Erstrebenswerten, an dem nichts rütteln konnte, was die andere Welt auch sagen mochte. Er [Karl] wuchs in der Zeit auf, in der sceptische Bemerkungen […] das Tischgespräch bildeten […], wo die Frage ›Warum nicht lieber Lueger ?‹ anstatt bei den Ohren vorbeizugehen, ihn be- schäftigte. In ihn wurde nie der Glaube gebracht, den ich hatte und habe.19 16 BV, Karl Kraus, der Erzieher, o.D., o.S., NK11, A : Viertel, DLA. 17 Gespräch der Autorin mit Michaela Maier am 10. November 2011. 18 Braunthal, Victor und Friedrich Adler, 1965, 90–91. 19 Friedrich Adler an Victor Adler, 16. Juli 1903, M76, T4, Adler Archiv, VGA.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Ăśberblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RĂśCKKEHR IN DIE Ă–STERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches GefĂĽhl 118
    3. Galizien 129
    4. JĂĽdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. MitschĂĽler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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