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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Familie  Adler |  225 lich bekannt und fühlte sich als »November-Verbrecher« und als in »Kulturbe- langen« Teilhabender an der deutschen Revolution :90 Wenn ich mich einen November-Verbrecher nenne, so schmeichle ich mir, bewußt und im Nachhinein. […] Ich hatte meine dreiundeinhalb Jahre Krieg als österreichi- scher Reserveoffizier hinter mir, ich wußte also, daß die Revolution reif war. Darin hauptsächlich bestand mein Novemberverbrechen. Ich […] bejahte ihr Kommen und staunte dann doch, wie […] selbstverständlich sie kam.91 Er wurde allerdings auch in Deutschland nie zum politischen Akteur, sondern blieb eher Beobachter : »Ich gehe gern auf politische Versammlungen, das deut- sche Volk ist so neu und interessant für mich …«92 Leider arbeitete Viertel nie  – wie in den Konzepten zum autobiografischen Projekt vorgesehen  – die Geschichte Fritz Adlers aus.93 Friedrich Adler, der eigentlich zusammen mit Otto Bauer symptomatisch für den Generationenkon- flikt innerhalb der Sozialdemokratie stand, hatte in Berthold Viertels Wahrneh- mung der Familie Adler sicher eher die »väterliche Seite« oder jedenfalls den »vernünftigen« Mittler zwischen Vater und Sohn verkörpert. Erst im Ersten Weltkrieg ging Fritz Adler mit seinem Attentat auf den Ministerpräsidenten Graf Stürgkh in klare Opposition zur »Vätergeneration« der sozialdemokrati- schen Partei und wurde entsprechend in allen Viertel’schen Konzepten als zer- störerischer »Sohn« geführt. Offen bleibt, ob daraus eine Heldengeschichte der Sohnesgeneration geworden wäre. Sichtbar ist aber auch, dass das autobiografi- sche Erzählen Viertel im Zusammenhang mit der Familie Adler nicht leichtfiel : Wie ehrlich konnte er zu den privaten Problemen und »Geisteskrankheiten« der Adlers Stellung nehmen, wenn er sie nicht desavouieren wollte ? Auf die schwie- rigen Punkte kam er nur in Notizbüchern, nie in ausgearbeiteten Manuskripten zu sprechen. Im Exil machte seine »linke Heimatlosigkeit« Viertel zum einen zu einem wichtigen Mittler in der Exil-Community, zum anderen brachte ihn sein unklar definierter »utopischer Sozialismus« in Schwierigkeiten : Als Viertel im Februar 1942 als Radio Coordinator des German Broadcasts in der Übersee-Abteilung des Office of War Information in New York kurzfristig sozusagen in den »Staatsdienst« trat, wurde er vom FBI »investigated« und eineinhalb Stunden befragt. In einem Brief an Salka Viertel resümierte er : 90 BV, Fragment Nr. X, in : Bolbecher/Kaiser (Hg.), Viertel, Cherub, 1990, 167. 91 BV, Nachher. Von einem November-Verbrecher, o.D., o.S., K13, A : Viertel, DLA. 92 Roessler/Kaiser, Nachwort, in : Kaiser/Roessler (Hg.), Viertel, Überwindung, 1989, 396. 93 Konzepte, in : Kaiser/Roessler/Bolbecher (Hg.), Viertel, Cherub, 292–297.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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