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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Studium |  237 Altenberg als Viertels Sokrates und Plato des Wien um 1900, als Lehrer und Schüler zwar »einer Generation vor der unsrigen angehörend«, aber »ihren Sohntypus repräsentierend«, blieb Viertel zeitlebens wichtig.46 1905/06 wurden aber andere »inoffizielle Lehrer«, die in Kreisen um Kaffeehausstammtische zusammenkamen, bedeutender. Berthold Viertel beurteilte das Kaffeehaus als »Studienort« ähnlich ambiva- lent wie die Universität. Zum einen war er stolz, seine »Studienzeit« eigentlich dort verbracht zu haben und dort »alle […] wahren, aber illegitimen Lehrer und Verführer meiner wissbegierigen, trotz so vielen Schulstunden unbelehrten, un- belehrbaren Jugend« angetroffen zu haben. Es waren für ihn »die besten Lehrer […], die es meines Wissens im damaligen Wien gab«47. Zum anderen wusste er, dass es sich hierbei um ein unsystematisches Studium handelte, bei dem Zufälle und persönliche Sympathien eine große Rolle spielten : Hier […] endeten die ersten Ansätze zu gründlicherem Wissen, zu einem eingehen- den Studium jeglicher Wissenschaft. Hier bog ich früh und endgültig ab von einer bürgerlichen Existenz, hier warf ich, bevor ich in diesen Zauberberg der Skepsis, der verspielten, ziellosen Anarchie eintrat, die Hoffnungen meiner Eltern fort alswie ei- nen unnützen Ballast […]. Da drinnen, im Zigarettenqualm, im Widerhall der Stim- men und während das Klappern der Billardbälle wie ein Rhythmus ferner Castagnet- ten hereintönte, vergingen die sieben Jahre meiner ersten Reife wie ein vergeudeter Tag und eine durchschwärmte Nacht, der Extrakt von versäumten, nie wieder einzu- bringenden Jahren.48 Es waren vor allem das Café Central, »die alte heimliche Ecke der Herrengasse«, und andere »Höhlen« dieser Art, in denen sich Berthold Viertel nach seiner Rückkehr aus Zürich vornehmlich aufhielt. Die Flucht mit Karl Adler, die ihn aus der »bürgerlichen Welt endgültig hinausführen sollte«, hatte ihn »umso entschiedener« zurück in die »bürgerliche Kultur« geführt : »[Es] erfolgte die freiwillig-unfreiwillige Rückkehr […] in die Wiener Bohème, die keine war, in die bürgerlich-unbürgerliche Welt der Kunst, des Theaters, die ihn gerne auf- nahm und der er für sein ganzes Leben verhaftet blieb.«49 Am engsten mit dieser Kaffeehauswelt verbunden war für Viertel der Schrift- steller Alfred Polgar, der als seine Adresse »Wien I., Café Central« angab und der ebendort zu einem lebensbegleitenden Freund wurde. An den etwa zwölf 46 BV, Café Central [Heft II], o.D. [wahrscheinlich Dezember 1948], o.S., K19, A : Viertel, DLA. 47 Ibid. 48 BV, Café Central [Heft I], o.D. [wahrscheinlich Dezember 1948], o.S., K19, A : Viertel, DLA. 49 BV, Die Stadt der Kindheit, in : Bolbecher/Kaiser (Hg.), Viertel, Cherub, 1990, 81 und 91.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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