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Berthold Viertel - Eine Biografie der Wiener Moderne
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  Sexuelle  Emancipation |  255 jahr 1908 bot sich Berthold Viertel so eine Gelegenheit, als er eine 20-jährige Studentin der Chemie namens Margarethe Ružička58 kennenlernte  – selbstver- ständlich im Kaffeehaus : I met my wife in the coffeehouse where I practically used to live, an eternal student, who never got his degree […]. All my idols, my teachers lived in the coffeehouse. It was a curious society […]. Of course I met my wife there, where else […]. She was the girl, against which I felt a distinct antipathy [!] from the beginning. Yes, a beauti- ful girl, sensitive, knowing, educated […]. One day I found this cynical girl in tears. A detail that touched my heart. And we changed the coffeehouse for another one where we were not known.59 Grete Ružička, wie sie genannt wurde, war im Herbst 1906 zusammen mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Anna nach Wien gekommen. Die beiden jungen Frauen stammten aus einer gut situierten jüdischen Familie aus Pettau in der damaligen Steiermark. Die etwa 20 jüdischen Familien, die um 1900 hier lebten, hatten es womöglich schwerer als anderswo : Um 1500 war die jüdische Ge- meinde vollständig aus der Stadt vertrieben worden und das Klima war seitdem dominant katholisch und deutschnational.60 Ihr Vater Adalbert Ružička han- delte dort mit Holz- und Gemischtwaren und baute und betrieb ab 1908 ein Sägewerk mit Schleppbahn bei der Bahnstation.61 Grete wurde am 10.  Juli 1888 geboren und absolvierte zwischen 1894 und 1902 die Volksschule : »Im Septem- ber 1903 begann sie privatim in Pettau mit dem Gymnasialstudium und legte nach 3 Jahren am k.k. I. Staatsgymnasium in Graz die Gymnasialmatura ab.«62 Es konnte nicht ermittelt werden, ob Grete und Anna die einzigen Kinder der Ružičkas waren und ebenso unklar bleibt, was die beiden Schwestern 1906 mo- tivierte, ihr Elternhaus zu verlassen, um in Wien zu studieren. Seit den 1860ern zählte die Bevölkerung der Habsburgermonarchie mehr Frauen als Männer. Da ledige Frauen ihre Herkunftsfamilie (finanziell) belaste- ten, konnte ein Studium abseits von Emanzipation auch zur Existenzabsiche- rung werden, wenn es auch als unsicherer Weg abseits der konventionellen Le- 58 Die Schreibweise des Familiennamens ist uneinheitlich  – auch Rusicka und Rouszicka kommen vor. 59 BV, War Diary [Übersetzung ohne Deckblatt], o.D., o.S., K16, A : Viertel, DLA. 60 Arlt, Elisabeth, Vergangen und Vergessen  – Preteklo in pozabljeno. Jüdische Kultur in Slowenien  – Judovska kultura v Sloveniji, Graz 2008. 61 Informationen zur Familie Ružička : Mestna Občina Ptuj, 1864–1941, Zgodovinski arhiv na Ptuju, mitgeteilt durch Katja Zupanič (e-mail an Katharina Prager am 01.06.2011) ; Verträge Adalbert Ružička mit der Südbahngesellschaft, Verkehr Reg.v.EG SBG A 222.13 und Verkehr Reg.v.EG SBG A 130.35, AVA, OeStA. 62 Curriculum Vitae Margarete Ružička, in : Rigorosenakt Margarete Ružička, PN 3011 Fol.8, AUW.
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Berthold Viertel Eine Biografie der Wiener Moderne
Titel
Berthold Viertel
Untertitel
Eine Biografie der Wiener Moderne
Autor
Katharina Prager
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20832-7
Abmessungen
15.5 x 23.2 cm
Seiten
368
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Ein chronologischer Überblick 7
  2. Einleitend 19
  3. 1. BERTHOLD VIERTELS RÜCKKEHR IN DIE ÖSTERREICHISCHE MODERNE DURCH EXIL UND REMIGRATION
    1. Außerhalb Österreichs – Die Entstehung des autobiografischen Projekts 47
    2. Innerhalb Österreichs – Konfrontationen mit »österreichischen Illusionen« 75
  4. 2. ERINNERUNGSORTE DER WIENER MODERNE
    1. Moderne in Wien 99
    2. Monarchisches Gefühl 118
    3. Galizien 129
    4. Jüdisches Wien 139
    5. Katholische Dienstmädchen 150
    6. Deutsche Kultur 161
    7. Luegers Wien 173
    8. Mitschüler Hitler 184
    9. Jugendliche Kulturanarchisten 196
    10. Familie Adler 209
    11. Studium 228
    12. Sexuelle Emancipation 245
    13. Karl Kraus 268
    14. Theater 291
    15. Erster Weltkrieg 310
    16. Nachsatz 333
    17. Archivalien 336
    18. Dank 342
    19. Literaturverzeichnis 344
    20. Bildnachweis 358
    21. Personenregister 359
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